Was passiert bei obstruktiver Schlafapnoe im Körper – und was verursacht das nasale Gedröhne? "Im Schlaf erschlafft die obere Atemwegsmuskulatur", erklärt Dietmar Thurnher, Vorstand der Uni-Klinik für HNO-Heilkunde in Graz. Es kommt zur Einengung des Atmungstrakts, was das Schnarchen auslöst. Wobei nicht jedes Schnarchen Ausdruck von obstruktiver Schlafapnoe ist: "Man kann auch wegen einer behinderten Nasenatmung bei Schleimhautschwellungen durch Atemwegsinfekte oder Allergien schnarchen."
Wer aber umgekehrt am obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom leidet, der schnarcht auch. Je tiefer man schläft, umso schlaffer wird die Rachenmuskulatur, die irgendwann vollständig kollabiert. Man wacht – meist unbemerkt – auf, oft dutzende Male pro Nacht. "Die Atemwege gehen dann wieder auf, der Patient schläft wieder ein. Das kann die ganze Nacht so gehen und führt zu chronischer Müdigkeit." Bleibt das Syndrom unbehandelt, entsteht im Extremfall mit dem Anstieg des Blutdrucks im Lungenkreislauf eine schwerwiegende Erkrankung: die pulmonale Hypertonie.
Therapie mit Tücken
Die Bostoner Wissenschafter setzten auf die Gabe eines Wirkstoff-Duos: Atomoxetin, das zur Behandlung von ADHS zugelassen wurde, und Oxybutynin, einem Wirkstoff, der für die Therapie von häufigem Harndrang, Inkontinenz und übermäßigem Schwitzen eingesetzt wird. Gemessen wurde der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), er gibt Aufschluss über die Anzahl von Atemaussetzern und Phasen mit vermindertem Atemfluss pro Stunde Schlaf, die Aufwachhäufigkeit sowie die Sauerstoffsättigung.
Auf Ersteres und Letzteres hatte die Arznei im Vergleich zum Placebo positive Effekte: der AHI sank deutlich, die Sauerstoffsättigung stieg. Keine Wirkung zeigte sich beim unbewussten Erwachen – die Zahl der Schlafunterbrechungen blieb hoch. Sollten sich die Effekte in größeren Studien bestätigen, könnte die Medikation Betroffenen unbehagliche bestehende Behandlungsmöglichkeiten ersparen, so die Autoren.
Thurnher sieht die Erhebung kritisch: Die Aussagekraft sei beschränkt, "weil es sich um eine einzige Studie mit nur 20 Probanden handelt, die das Medikament nur einmal bekommen haben". Unklar sei zudem das Nebenwirkungsprofil der Wirkstoffkombination. "Es ist nicht vorhersagbar, welche Nebenwirkungen bei täglichem Gebrauch auftreten würden." Durch das Präparat wurde zwar die Sauerstoffsättigung verbessert, "die Patienten sind aber gleich oft aufgewacht".
Beim Gros der Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom besteht Übergewicht. Weil die Rate der Menschen mit Übergewicht zunimmt, steigt auch jene der davon Betroffenen. "Bis zu neun Prozent der Österreicher sind im Laufe ihres Lebens Kandidaten dafür." Bevor obstruktive Schlafapnoe therapiert wird, müssen anatomische Ursachen (schiefe Nasenscheidewand, zu langes Gaumensegel) abgeklärt und etwaig chirurgisch behoben werden.
Die neue Arznei könne man derzeit jedenfalls nicht empfehlen, betont Thurnher: "Aber ich lasse mich gern von weiteren Studien mit valideren Daten überraschen."
Kommentare