Schlaganfall: Thrombolyse kann lange Zeit erfolgreich sein

Magnetic Resonance Imaging ( MRI ) of brain and Stroke
Moderne bildgebende Verfahren erlauben auch Ausweitung des "Zeitfensters" zur medikamentösen Auflösung des im Gehirn aufgetretenen Blutgerinnsels.

Die medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels im Gehirn nach einem Schlaganfall kann nicht nur innerhalb eines Zeitfensters von 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptome sinnvoll sein. Das gilt auch für Patienten ohne bekanntem Zeitpunkt des Beginns des akuten Krankheitsgeschehens. Dies hat eine Meta-Analyse diesbezüglicher Studien durch deutsche Wissenschafter ergeben.

Die neue Analyse der Daten von 843 Schlaganfallpatienten aus vier bereits vorhandenen wissenschaftlichen Studien wurde jetzt bei der Welt-Schlaganfall-Konferenz (7. bis 9. November) von Götz Thomalla von der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf vorgestellt. Gleichzeitig ist sie Sonntagabend in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet erschienen.

Die Thrombolyse nach ischämischem Schlaganfall – die medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels in einem Gehirngefäß durch die Infusion des Biotech-Medikaments rtPA – hat bereits vor Jahren und ähnlich wie zuvor beim Herzinfarkt das Vorgehen bei Schlaganfällen revolutioniert. Erstmals wurde es im Akutfall möglich, die Blutversorgung im Gehirn schnell wiederherzustellen und damit den entstehenden Schaden zu begrenzen. Als mögliches Zeitfenster dafür galt aber eine Zeitspanne von 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptome.

Doch bei etwa einem Fünftel der Patienten ist der Zeitpunkt des Insults, zum Beispiel kann er während des Schlafs aufgetreten sein, nicht bekannt. Viele Erkrankte wurden deshalb von dieser potenziell lebensrettenden und schwere Invalidität verhindernden Therapie ausgeschlossen.

Gewebe retten

Thomalla und die Co-Autoren versuchten zu bestimmen, ob eine intravenöse Thrombolyse auch bei Patienten ohne bekannten Zeitpunkt des Auftretens des akuten Schlaganfalls sicher und wirksam ist. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass mit modernen bildgebenden Verfahren (Computertomografie, Magnetresonanz) zuvor belegt wurde, dass am Ort das Gefäßverschlusses im Gehirn noch durch Thrombolyse rettbares Gewebe vorhanden war.

Die Wissenschafter analysierten in ihrer Meta-Analyse die Daten von 843 Patienten aus den Thrombolyse-Studien WAKE-UP, EXTEND, THAWS und ECASS. Als Erfolgkriterium wurde ein gutes Behandlungsergebnis (keine oder nur geringe Beeinträchtigung nach dem modified Rankin Scale; mRS 0 bis 1) drei Monate Tage nach der Therapie festgelegt. Als Kriterien für die Sicherheit dienten Überlebensrate, schwere Invalidität oder Tod (mRS 4 bis 6) oder das Auftreten einer symptomatischen Gehirnblutung. Letzteres kann eine Komplikation der Anti-Thrombustherapie sein.

429 der Erkrankten waren per intravenöser Thrombolyse zur Auflösung des Thrombus im Gehirn behandelt worden. 414 Patienten hatten ein Placebo erhalten und waren sonst nach dem üblichen Standard versorgt worden.

Ein gutes Behandlungsergebnis (mRS 0 bis 1) zeigte sich bei 199 von 420 Patienten (47 Prozent) nach erfolgter Thrombolyse, hingegen nur bei 160 von 409 Patienten (39 Prozent) aus der Placebo-Gruppe. Das ergab eine um 49 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit auf ein gutes Resultat durch die Therapie. Der Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen war statistisch signifikant.

Hirnscans ausschlaggebend

Zwar kam es unter der Behandlung zu mehr schweren Blutungen, doch dies war statistisch nicht aussagekräftig. 21 Prozent der mit Thrombolyse Behandelten hatten 90 Tage nach dem Schlaganfall schwere Beeinträchtigungen oder waren verstorben. In der Kontrollgruppe war das bei 25 Prozent der Fall. Auch das war kein statistisch signifikantes Ergebnis – genauso wie die Mortalität in der Thrombolysegruppe bzw. in der Kontrollgruppe (sechs Prozent versus drei Prozent).

Damit sollte gemäß den Wissenschaftern auch bei Schlaganfällen mit unklarem Zeitpunkt des Beginns eine medikamentöse Auflösung des aufgetretenen Thrombus im Gehirn sinnvoll sein. Es muss aber zuvor per Bildgebung (MRI, CT) der Befund erstellt worden ist, dass noch rettbares Gewebe in der von dem Infarkt betroffenen Gehirnregion vorhanden ist.

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