Zuletzt hat die WHO im Jahr 2016 Ergebnisse einer Antibabyspritze für den Mann veröffentlicht. Die Wirkung war hoch, ebenso die Nebenwirkungen. Von Akne bis Stimmungsschwankungen war alles dabei. Bei anderen Studien hat nur ein Teil der Männer auf die Hormonbehandlung angesprochen. So haben laut Plas asiatische Männer stärker reagiert, als europäische. Damit war auch dieses Mittel wieder vom Tisch. Bislang haben sich die Wissenschaftler jedoch immer auf das Geschlechtshormon Testosteron konzentriert. Diesmal setzt die Behandlung an einem Protein an. Der Retinsäure-Rezeptor Alpha spielt für die Spermienproduktion eine wichtige Rolle.
“Wir wollten ein nicht hormonelles Verhütungsmittel für den Mann entwickeln, um Nebenwirkungen zu vermeiden”, erklärt Abdullah Al Noman, Doktorand im Forschungslabor von Gunda Georg an der University of Minnesota. Die Wissenschafter haben den Versuchsmäusen vier Wochen das Mittel YCT529 oral verabreicht, Schwangerschaften wurden danach zu 99 Prozent verhindert. Nach Absetzung des Mittels waren die Mäuse nach vier bis sechs Wochen wieder zeugungsfähig.
Die genauen Ergebnisse will das Forscherteam um Noman und die Professorin Gunda Georg bei der Frühjahrstagung der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft präsentieren. Klinische Studien an Menschen sollen demnach im dritten oder vierten Quartal dieses Jahres beginnen. Eine Marktzulassung könnte bereits in den kommenden fünf Jahren erfolgen, sagt Georg. Auch wenn es keine Garantie dafür gibt.
Kann es wirklich so einfach sein?
Es gibt zunächst zwei wichtige Faktoren, auf die man laut Plas in weiterer Folge achten müsse. Zum einen haben Studien gezeigt, dass es bis zu neun Monate dauern kann, bis sich nach Absetzen einer Hormonbehandlung die Samenproduktion wieder normalisiert. Auch der Proteinrezeptor beeinflusst letztendlich über den Steroidhormonrezeptor indirekt den Hormonhaushalt. Ein Samenzyklus dauert etwa 76 Tage, daher könnte es auch beim Retinsäure-Rezeptor Alpha einige Monate dauern, bis der Mann wieder zeugungsfähig ist.
Was zum anderen aber noch viel wichtiger ist, sind Langzeitstudien, darüber, wie sich die Pille für den Mann auf mögliche später gezeugte Buben auswirkt. “Bei der Maus kann man sich die Spermiengenese sehr schnell ansehen, bei Neugeborenen bekommt man erste Hinweise bei einer Minipubertät, die Säuglinge durchlaufen. Exakte Ergebnisse gibt es aber frühestens in der Pubertät, das heißt nach etwa 13 Jahren, erklärt Plas. Er hält eine Zulassung in fünf Jahren für eher unwahrscheinlich, es sei denn, die Forscher hätten eine enorme Sicherheit in Bezug auf die neue Pille für den Mann.
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die Vorhersagen von Tierversuchen manchmal nicht auf den Menschen übertragbar sind. Daher untersuchen sie derzeit neben YCT529 auch andere Mittel, um die Spermienproduktion zu unterdrücken. Die Hoffnung ist groß, dass ihre Bemühungen das schwer fassbare orale Verhütungsmittel für Männer endlich zum Tragen bringen werden.
Zuletzt bleibt nur noch die Frage offen, ob Frauen in einer losen Partnerschaft darauf vertrauen, wenn der Mann sagt: “Mach dir keine Sorgen, ich nehm’ eh die Pille.”
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