Saharastaub: Wie Experten die Belastung in Österreich einschätzen
Das Osterwochenende Anfang April ist vielen noch in guter Erinnerung: Aber nicht wegen der Ostereier, sondern wegen der dichten Staubschicht, die sich damals über Österreich gelegt hat. Am Wochenende werden wieder Saharastaubwolken über Österreich ziehen. Aber mit einer Belastung wie zu Monatsbeginn wird nicht mehr gerechnet. Trotzdem bleiben viele Fragen: Nimmt die Häufigkeit solcher Verfrachtungen zu? Und wie sieht es mit möglichen Gesundheitsrisiken aus?
"Ich verfolge die Entwicklung rund um den Saharastaub seit mehr als zehn Jahren. Das Ereignis Anfang April war das stärkste, das ich je beobachtet habe" , sagt Marcus Hirtl, Leiter für die "Chemische Wettervorhersage" bei Geosphere Austria, der neuen Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie.
Hirtl rechnet am ehesten für den Sonntag damit, dass es - vor allem in Westösterreich - zu einer Trübung der Sicht durch Saharastaub kommen kann. Von einer Belastung der Atemluft und einer Ablagerung wie Anfang April geht er aber nicht aus: "Damals sind die Sandmassen in einer Höhe zwischen null und drei Kilometern transportiert worden - das war außergewöhnlich. Normalerweise erfolgt der Transport in unserer Region in einer Höhe zwischen drei und fünf Kilometern. Dann sind die Auswirkungen viel geringer und beschränken sich meist auf leicht getrübte Sicht und deutlich geringere Ablagerungen - sichtbar dann vor allem auf dem Schnee im Hochgebirge. Zu einer Sandschicht auf dem Auto oder Balkongeländer kommt es dann meist nur, wenn es gleichzeitig mit dem Durchzug der Sandwolken auch regnet.
Den Verlauf des Staubtransports kann man auf dieser Simulation von Geosphere Austria verfolgen, das nachstehende Bild ist ein Screenshot daraus.
Bei dem Saharasand, der sich vor allem am Sonntag über Österreich befindet, handelt es sich übrigens nicht um jenen, der Mitte dieser Woche für die hohen Belastungen in Griechenland und der Türkei gesorgt hat: "Der stammte aus Libyen, und war angesichts der kurzen Distanz zu Athen und Istanbul relativ hoch konzentriert. Die Sandmassen jetzt haben ihren Ursprung vor allem in Algerien. Durch die große Entfernung zu Österreich gibt es einen Verdünnungseffekt." Dieser führt generell dazu, dass Österreich weit weniger belastet ist als Südeuropa oder etwa auch die Kanarischen Inseln.
10 bis 20 Saharastaub-Tage jährlich
Hirtl beobachtet auch keine Zunahme an Tagen mit erhöhter Saharastaub-Konzentration: "Wir messen an unserer Station auf dem Sonnblick im Schnitt 10 bis 20 'Saharastaubtage' und sehen weder eine Zunahme noch eine Abnahme. Auch die Staubkonzentration zeigt keinen ansteigenden Trend - das Ereignis Anfang April war wie gesagt eine große Ausnahme."
Ob die Erderwärmung daran etwas ändern wird, lässt sich nicht sicher prognostizieren, betont Hirtl: "Theoretisch könnten sich Großwetterlagen ändern und Starkwinde, die mehr Staub aufwirbeln, zunehmen. Aber das hieße nicht automatisch, dass dann mehr Transport Richtung Österreich erfolgt." Einen Effekt könnte - theoretisch - auch eine Ausweitung von Wüstengebieten durch Trockenheit in mehr Regionen als bisher haben. "Aber auch das ist Spekulation."
Diskussion um Gesundheitsfolgen
Ein anderes Thema sind mögliche gesundheitliche Aspekte. Der griechische Lungenärzte-Verband berichtete während der starken Staubbelastung in Athen von mehr Patientinnen und Patienten in Notaufnahmen. "Dort aber war die Staubbelastung sichtbar stärker, als sie das jemals bei uns in Österreich war", sagt Christopher Lambers. Er leitet die Arbeitsgruppe "Umwelt" der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und ist Vorstand der Abteilung für Pneumologie (Lungenheilkunde) des Ordensklinikum Linz, Elisabethinen.
Lungenfacharzt Lambers verweist auf die schlechte wissenschaftliche Datenlage über den Einfluss von Saharastaub auf die Gesundheit: "Große Studien dazu sind im Laufen, aber noch nicht abgeschlossen. Bei empfindlichen Personen mit Vorerkrankungen wie Asthma oder Allergien kann aber eine über mehrere Stunden anhaltende Belastung durchaus zu asthmatischen Beschwerden wie Atemnot führen."
Pro Jahr werden eine Milliarde Tonnen Staub aus der Sahara verblasen. Die Stoffe, aus denen der Saharastaub besteht, sind an sich nicht toxisch. Chemisch besteht der Staub überwiegend aus Quarz (rund 60 Prozent) und zu geringeren Anteilen aus Aluminiumoxid, Eisenoxid, Kalk, Magnesiumoxid und Kaliumoxid.
Saharastaub ist ein wichtiger Mineraldünger für den karibischen Raum und den südamerikanischen Regenwald. Die Böden in diesen Regionen sind nährstoffarm und dieses Defizit wird durch Saharastaub teilweise ausgeglichen. In Mitteleuropa hingegen ist der Düngeeffekt gering.
Denn der Saharastaub besteht nicht nur aus den großen sichtbaren Teilchen, die bereits im Nasen- und Mund-Rachen-Raum abgefangen werden: Kleinere Feinstaub-Partikel können in die verzweigten Äste der Bronchien vordringen und Atemwegssymptome auslösen.
Inwieweit ultrafeine Partikel durch die Lungenbläschen hindurch auch in die Blutbahn gelangen und Herzerkrankungen begünstigen können, wird derzeit ebenfalls untersucht. Lambers. "Es können sich aber auch Pollen oder bakterielle Krankheitserreger an den Staubpartikel anlagern."
Eine Studie mit Kindern, die unter Asthma leiden hat gezeigt: Wird ihre Belastung durch Saharastaub reduziert - etwa mittels Luftfiltern in Innenräumen -, weisen sie seltener Verschlechterungen ihres Gesundheitszustandes auf.
Lungenfacharzt Lambers betont aber, dass in unseren Breiten derzeit kein Grund zur Panik besteht: "Die Belastung ist in der Regel kurz und bei weitem nicht so hoch wie in südlichen Ländern."
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