Psychologisches Phänomen im Test: Sind schöne Menschen wirklich gesünder?
Die Auseinandersetzung mit der Attraktivität beschäftigt die Menschheit seit der griechischen Antike. Aus modernen Forschungen weiß man inzwischen (unter anderem): Je symmetrischer ein Gesicht, desto ansehnlicher wird ein Mensch wahrgenommen. Und je ansehnlicher ein Mensch, desto gesünder wird er von anderen eingestuft. Doch damit nicht genug: Bisherige Studien deuteten auch immer wieder darauf hin, dass schöne Gesichtszüge häufiger gesunden Menschen vergönnt sind.
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Darüber, ob Schönheit und Gesundheit tatsächlich zusammenhängen, wird in Wissenschaftskreisen unterdessen nach wie vor debattiert. Ein Forschungsteam der Universität von Oslo hat sich der Theorie nun erneut angenommen – und Spannendes zutage gefördert. Demnach, so berichten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter im American Journal of Human Biology, sind und bleiben überdurchschnittliche fesche Menschen tatsächlich länger gesund als durchschnittlich aussehende Personen.
Forschende werfen Langzeitblick auf schöne Menschen
Für die Erhebung analysierte die Gruppe um den Studienautor und Soziologen Alexi Gugushvili Daten der National Longitudinal Study of Adolescent to Adult Health, eine Längsschnittstudie über Jugendliche in den Vereinigten Staaten.
Die physische Attraktivität der Teilnehmenden wurde auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet, wobei 1 für "sehr unattraktiv" und 5 für "sehr attraktiv" stand. Den Konnex zwischen Attraktivität und Gesundheitszustand ermittelten die Forschenden durch Messungen des kardiometabolischen Risikos, das die Immun-, Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Gesundheit des Einzelnen widerspiegelt.
Doch damit begnügte man sich nicht: Die Forschenden berücksichtigten auch andere potenziell beeinflussende Faktoren, die den Zusammenhang, etwa den sozioökonomischen Status (Bildung, Beruf, Einkommen), Persönlichkeitsmerkmale, Intelligenz sowie den von den Teilnehmenden selbst eingeschätzten Gesundheitszustand sowie chronische Erkrankungen.
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Es offenbarte sich: Personen, die als überdurchschnittlich attraktiv eingestuft wurden, wiesen nach einer 10-jährigen Beobachtungszeit einen deutlich besseren Gesundheitszustand auf als Personen, die nur als durchschnittlich attraktiv eingestuft wurden. Außerordentlich hübsche Menschen hatten, auch das konnte gezeigt werden, ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Ein höherer Body-Mass-Index (BMI), ein gängiges Maß zur Einschätzung des Gewichts, drückte die Wirkung der Attraktivität auf die Gesundheit. Mehrgewichtige Menschen mussten also trotz ihrer Schönheit mit Einbußen bei der Gesundheit rechnen.
Interessant: Die Studie zeigte auch auf, dass als besonders unattraktiv wahrgenommen Menschen ebenfalls ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen hatten. Das Ergebnis deckt sich mit früheren Forschungsergebnissen, die darauf hindeuten, dass sehr unattraktive Personen in verschiedenen Lebensbereichen Vorteile genießen. So ergab eine 2018 veröffentlichte Studie, dass "sehr unattraktive" Personen tendenziell ein hohes Einkommen haben und deutlich mehr verdienen als unattraktive – manchmal sogar mehr als durchschnittlich attraktive Menschen.
Zugrundeliegende Mechanismen sind noch unbekannt
"Die wichtigste Botschaft der Studie ist, dass wenn man eine körperlich attraktive Person sieht und nichts weiter über sie weiß, sie zehn Jahre später im Durchschnitt gesünder ist als eine Person, die man nicht als körperlich attraktiv einstufen würde", erklärt Studienautor Gugushvili gegenüber der Plattform PsyPost.
Ob Attraktivität wirklich gesünder macht, oder ein guter Gesundheitszustand attraktiver, konnte im Zuge der Untersuchung nicht geklärt werden. Werden Aussagen zur Attraktivität erhoben, besteht auch immer die Möglichkeit von Verzerrungen.
Insgesamt liefert die Studie aber solide neue Belege dafür, dass körperliche Attraktivität mit Gesundheit zusammenhängt, auch wenn die genauen Mechanismen, die dieser Beziehung zugrunde liegen, noch Gegenstand weiterer Forschungen sind.
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