Psychisches Wohlbefinden fördern
Pole Dance ist in den vergangenen zehn Jahren immer beliebter geworden, hat sich seinen Weg in den Freizeitbereich gebahnt und eine Vielzahl von Pole-Dance-Kursen im Angebot von Fitnessstudios entstehen lassen. Er verbindet Kraftübungen mit sinnlichen Bewegungen, weshalb ihm verschiedene, positive psychologische Wirkungen nachgesagt werden. Ein einzigartiges Merkmal, das Pole Dance von anderen körperlichen Aktivitäten unterscheidet, ist der ermächtigende und sexuell befreiende Gedanke, da die zunehmende Entstigmatisierung des Pole Dance gesellschaftliche Normen und Konstruktionen der weiblichen Sexualität in Frage stellt.
"Während sich frühere Studien zur Tanztherapie hauptsächlich auf traditionelle und expressionistische Tänze konzentrierten, wurden neuere Tanzformen mit völlig anderen Techniken bisher weitgehend vernachlässigt. Ein Beispiel für solche neuen Tänze ist Pole Dance", erklären die Autorinnen und Autoren der neuen Studie unter der Leitung von Jalda Lena Pfeiffer.
Beim Tanzen werden generell drei Ebenen gleichzeitig angesprochen: Die geistige Gesundheit, die Herz-Kreislauf-Fitness und das psychische Wohlbefinden. "Das Erlernen von Schrittfolgen fördert die geistige Flexibilität und gleichzeitig auch die Koordination – beides nimmt im Alter ab, wenn man es nicht trainiert", betont Mirjam Wolf von den Tirol Kliniken. Gleichzeitig könne die Musik die Stimmung verändern – mit positiven Effekten auf Blutdruck, Herzrate oder Atmung: "In einer Studie aus dem Jahr 2010 haben mehr als 90 Prozent der Teilnehmer angegeben, dass Tanzen ihnen bei der Bewältigung der vielfältigen Belastungen des Tages hilft und gleichzeitig zur Entspannung beiträgt."
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Fitnessübungen und Pole Dance wurden kombiniert
Für ihre aktuelle Studie rekrutierte das Berliner Team 50 Teilnehmerinnen über soziale Medien und Fitnessstudios. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, wählten sie Teilnehmerinnen über 18 Jahre mit deutscher Muttersprache und geringer Erfahrung im Pole Dance aus. Diese Frauen wurden dann in zwei Gruppen aufgeteilt: eine Pole-Dance-Gruppe und eine Kontrollgruppe mit Warteliste.
Acht Wochen lang nahm die Pole-Dance-Gruppe an speziell konzipierten Tanzstunden in zwei Berliner Studios teil. Jede 60-minütige Session umfasste eine Mischung aus allgemeinen Fitnessübungen und Pole-Dance-spezifischem Training. Das Programm war auf die individuellen Fähigkeiten zugeschnitten, so dass jeder effektiv teilnehmen konnte.
Auswirkungen auf die Psyche sind deutlich messbar
Die Forschenden stellten fest, dass sich das psychische Wohlbefinden der Pole-Dance-Teilnehmerinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserte. Insbesondere Frauen, die an den Pole-Dance-Kursen teilnahmen, stimmten Fragebogen-Aussagen wie "Ich habe klar gedacht" und "Ich habe optimistisch in die Zukunft geblickt" eher zu. Dies deckt sich mit früheren Studien, die darauf hindeuten, dass Stangentanz eine stärkende Wirkung haben kann.
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Sexuelle Ängste gingen zurück
In die Evaluierung des Trainings wurde auch die persönliche Sichtweise der Teilnehmerinnen auf ihre sexuellen Gefühle, Verhaltensweisen und Erkenntnisse bewertet. Die Pole-Dance-Gruppe zeigte tatsächlich erhebliche Verbesserungen. Die Frauen berichteten von einer erhöhten sexuellen Selbstwirksamkeit, d. h. sie fühlten sich in sexuellen Kontexten fähiger und sicherer. Außerdem war ein deutlicher Rückgang der sexuellen Ängste und eine Zunahme des sexuellen Selbstwertgefühls zu verzeichnen. Interessanterweise erstreckten sich diese Vorteile nicht auf alle gemessenen Bereiche: In der Studie wurden etwa keine signifikanten Veränderungen des generellen Selbstwertgefühls, der sexuellen Motivation oder des sexuellen Bewusstseins festgestellt, was darauf hindeutet, dass die Auswirkungen des Pole Dance eher auf bestimmte psychologische Aspekte zurückzuführen sein könnten.
Die Forschenden schlussfolgerten: "Unsere Studie liefert Beweise dafür, dass Pole Dance weitreichende psychologische Auswirkungen sowohl auf das allgemeine psychische Wohlbefinden als auch auf wichtige Bereiche des sexuellen Selbstkonzepts haben kann. Stangentanz kann Menschen helfen, mit sexuellen Ängsten oder einem Mangel an sexueller Selbstwirksamkeit und Selbstwertgefühl umzugehen."
Von Sturzprävention bis Demenz: Was Tanzen alles kann
Was die Wirkungen des Tanzens an sich betrifft, haben bereits frühere Studien auf das Potenzial hingewiesen. In einer Studie der Fachhochschule St. Pölten in Niederösterreich aus dem Jahr 2022 erwies sich gerade Tanzen als besonders effektiv, um Altersdefizite auszugleichen. Unter 50 gesunden Senioren (zwischen 60 und 80 Jahren) zeichneten sich vor allem diejenigen, die regelmäßig tanzen, durch einen besonders guten Gleichgewichtssinn aus. Diese Ergebnisse decken sich laut Karl Hömstreit, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der Initiative "Seniorentanz" (sie gab die Erhebung in Auftrag; Anm.), mit internationalen Studien.
Eine andere Studie belegte 2019: Wer regelmäßig tanzt, reduziert sein Demenz-Risiko um 76 Prozent. Der deutsche Molekularbiologe Konrad Bayreuther, 77, ist einer der weltweit führenden Alzheimerforscher und erklärt das so: "Die beste aller Freizeitaktivitäten ist tanzen: Sie hören Musik, bewegen sich und reden dabei noch. Das fordert ihr Gehirn."
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