Südafrika-Variante: Die Wirksamkeit der Impfstoffe im Überblick
Machen die neuen Virusvarianten - besonders die südafrikanische - die Covid-19-Impfungen unwirksam?
Nein, sagen dazu Experten, wie der Infektiologe und Impstoffspezialist Herwig Kollaritsch oder auch der Virologe Florian Krammer. Beide geben zu bedenken: Man darf sich die Wirksamkeit einer Impfung nicht als Schwarz-Weiß-Schema vorstellen. Die Impfung verliere wegen einer Veränderung des Virus nicht sofort ihre gesamte Wirksamkeit.
Geimpfte sind also weiterhin geschützt vor dem Virus - nur eben vermutlich in etwas reduzierter Form. Trifft das auch auf den Impfstoff von Astra Zeneca zu? Und wie steht es jenen von Biontech/Pfizer genau. Ein Überblick:
In einer Untersuchung hatten die Impfstoffproduzenten Pfizer und Biontech festgestellt, dass die durch die Impfung aufgebauten Antikörper gegen die Variante aus Südafrika weniger gut wirken. Dies führe aber „vermutlich nicht zu einer signifikant verringerten Wirksamkeit des Impfstoffs“, hieß es dabei. „Diese Ergebnisse deuten nicht auf die Notwendigkeit eines neuen Impfstoffs gegen die neu auftretenden Varianten hin“, erklärten Biontech und Pfizer zu einer entsprechenden Studie. Auf längere Sicht gesehen wird eine Impfstoffanpassung an neue Virusvarianten aber sicher nötig sein, ergänzt Kollaritsch.
Auch der US-Biotechkonzern Moderna geht davon aus, dass sein Covid-19-Impfstoff gegen die ansteckendere britische und südafrikanische Variante des Coronavirus schützt. Das Vakzin erzeuge virusneutralisierende Antikörper auch gegen die beiden neuen Varianten, teilte Moderna im Jänner mit. Zwar sei bei der südafrikanischen Variante eine Reduzierung neutralisierender Titer festgestellt worden. Ihr Niveau liege aber immer noch deutlich über der Schwelle, die als schützend angesehen werde.
Astra Zeneca vermutlich weniger wirksam
Anders sieht es momentan beim Impfstoff von Astra Zeneca aus. Erste Daten aus Johannesburg, wo der Impfstoff an der Universität untersucht wird, zeigen: der Impfstoff bietet einen "minimalen Schutz" vor milden Corona-Krankheitsverläufen bei der südafrikanischen Variante B.1.351. Zu schweren Verläufen und der Sterblichkeit gibt es noch keine Daten, hieß es in der Aussendung. Die Daten stammen aber vorerst von nur 2.000 Freiwilligen - das durchschnittliche Alter der Probanden liegt bei 31. Die Studie wurde noch keiner wissenschaftlichen Kontrolle unterzogen und ist auch noch nicht veröffentlicht.
Astra Zeneca zufolge soll der Impfstoff nun so angepasst werden, dass er auch bei der Südafrika-Mutante wirksam ist. Angepeilt ist laut einem Sprecher ein möglicher Auslieferungstermin im Herbst. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen die britische Variante hatte die Universität Oxford am Freitag bestätigt.
Südafrika wird den Einsatz des Impfstoffes des britisch-schwedischen Konzerns Astra Zeneca aussetzen, solange Wissenschafter über die beste Verwendung der Arznei beraten. Das kündigte Gesundheitsminister Zweli Mkhize am Sonntag in Pretoria an.
Ergebnisse aus dem Labor
Momentan kann man im Hinblick auf die Impfung und jene südafrikanische Variante nur von vorläufigen Daten sprechen. Warum ist das so? Die Wirksamkeit der Impfung wird an Hand von Seren bereits geimpfter Personen im Labor untersucht. Man nimmt also das Serum und bringt es mit der Virus-Variante zusammen - aber im Labor. Das ist eine sogenannte "in vitro"-Untersuchung. Wie es "in vivo" - also tatsächlich im menschlichen Körper - aussieht, wisse man noch nicht. Man kann aus diesen Labortests also Schlüsse ziehen, aber "wir können sie nicht eins zu eins auf den menschlichen Körper umlegen", betont Kollaritsch.
Virologe Krammer zu CoV-Impfstoffen
Schutz nicht nur durch Antikörper
Die beiden mRNA-Impfstoffe (Pfizer Biontech und Moderna) weisen in den jeweiligen Studien eine Wirksamkeit von 90 bis 95 Prozent auf. "Das ist ein außergewöhnlich hoher Wert", sagt Kollaritsch. Dieser hohe Wert könnte nun - ersten Daten zufolge - etwas sinken. "Die verminderte Empfindlichkeit auf Impfantikörper könnte bis zu 40 oder 50 Prozent betragen, die Wirksamkeit der Impfung sinkt aber höchstwahrscheinlich nicht um diesen Anteil, sondern wesentlich weniger", sagt Kollaritsch im KURIER-Gespräch.
Denn ein Impfschutz entsteht auf vielfältige Art im Körper. Es gibt zum einen verschiedene Antikörper. Manche davon können nun aufgrund der Mutation wohl schlechter neutralisieren. Aber eben nicht alle: im Körper entsteht ein Antikörper-Mix. Je nachdem, wie viele Antikörper gebildet werden und wie der Mix ausfällt, könnte die Beeinträchtigung also heftiger oder milder ausfallen. Zusätzlich entwickelt der Körper aber auch eine durch bestimmte Immunzellen vermittelte Immunität. Die Rede ist von den sogenannten T-Zellen. Und diese zelluläre Abwehr bleibt unbeeinflusst von Mutationen, beruhigt Kollaritsch.
Die "Escape" Mutation
E484K - so heißt die momentan viel gefürchtete Mutation, die eine sogenannte Escape Mutation sein könnte. Sie wurde ursprünglich in der südafrikanischen Variante - genannt B.1.351 - und in der brasilianischen Variante - genannt P.1 - entdeckt. Sie ist infektiöser und kann durch gebildete Antikörper nach Erkrankung schlechter neutralisiert werden.
Am Dienstag vergangene Woche meldeten jedoch Forscher aus Großbritannien, dass jene Mutation auch in einigen Fällen der britischen Variante aufgetaucht ist - und zwar unabhängig von den anderen beiden Varianten. Allem Anschein nach hat die UK-Variante diese Mutation also ebenfalls eigenständig entwickelt.
"Biologische Relevanz"
"Die Tatsache, dass das konvergent entstanden ist, dass zweimal unabhängig die gleiche Revolution in dieser einen Klade von Viren stattgefunden hat, spricht dafür, dass das etwas Echtes ist, dass hier ein wirklicher Selektionsdruck besteht, dass das eine biologische Relevanz hat", sagte der Berliner Virologe Christian Drosten am Dienstag vergangene Woche im NDR-Podcast "Coronavirus update".
Die Wissenschafterin Penny Moore, die in Südafrika forscht, wo die Mutation erstmals aufgetreten ist, untersuchte bereits im Jänner Blutseren bereits Genesener. Sie brachte diese Seren mit der neuen Variante zusammen und stellte fest: etwa in der Hälfte der Fälle (sie untersuchte damals 50 Proben) konnten die Antikörper - die nach einer Infektion gebildet wurden - die neue Virus-Variante nicht mehr erkennen. Daten wie diese zeigen, es könnte ein erhöhtes Risiko für Reinfektionen geben.
Kommentare