Multiple Sklerose: Wiener Forscher fanden Grundlage für Impfstoff

Der Begriff „Trauma“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Wunde“.
Einige Mechanismen zum Schutz vor MS wurden nun entschlüsselt.

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der dem Epstein-Barr-Virus (EBV) eine bisher nicht näher geklärte Rolle zugeschrieben wird. Im Besonderen war bisher nicht klar, warum zwar fast alle Menschen im Lauf ihres Lebens mit EBV infiziert werden, das Virus aber nur bei wenigen Personen MS auslöst.

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Autoimmunreaktion kann verhindert werden

Wissenschafterinnen und Wissenschaftern des Zentrums für Virologie und der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien ist es nun gelungen, mehrere Mechanismen zu identifizieren, die Menschen vor einer EBV-induzierten Autoimmunreaktion und damit potenziell vor MS schützen. Aus der aktuell im Fachmagazin "Cell" publizierten Studie lassen sich mögliche Ansatzpunkte für die Entwicklung einer Impfung zum Schutz vor MS ableiten.

Bis heute ist die zugrunde liegende Ursache von MS nicht vollständig geklärt, aber es wurde schon länger ein Zusammenhang mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) vermutet. Bei den meisten Patientinnen und Patienten, die MS entwickeln, sind spezifische Immunantworten gegen EBV nachweisbar, die sich zusätzlich auch gegen bestimmte Strukturen des zentralen Nervensystems richten und somit zur Entwicklung der MS beitragen. Bisher war aber unklar, warum eine EBV-Infektion, eine der häufigsten und lebenslang persistierenden Virusinfektionen des Menschen, nur bei wenigen Personen tatsächlich zu einer MS führt.

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Erkrankungsrisiko ist unterschiedlich hoch

Eine Forschungsgruppe des Zentrums für Virologie unter der Leitung von Elisabeth Puchhammer-Stöckl hat nun in Kooperation mit einem Team der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien unter Leitung von Thomas Berger und Paulus Rommer gezeigt, dass das Risiko für MS bei jenen Menschen besonders hoch ist, bei denen bestimmte Wirtsfaktoren und Virusvarianten zusammentreffen. 

Konkret ergab sich im Rahmen der Untersuchungen ein stark erhöhtes MS-Risiko, wenn einerseits die EBV-spezifischen und autoreaktiven Immunantworten stark ausfallen und wenn andererseits die Patientinnen und Patienten nicht in der Lage sind, diese Autoimmunität effizient zu kontrollieren.

Forscher identifizierten Schlüsselfaktoren im Immunsystem

Die Studienautorinnen und Studienautoren identifizierten dabei eine Untergruppe der "Natürlichen Killerzellen" des menschlichen Immunsystems als potenziellen Schlüsselfaktor für den Schutz vor einer Erkrankung an MS. "Diese Immunantworten könnten daher eine entscheidende Rolle für die Entwicklung zukünftiger Impfstoffe spielen", beschreibt der Erstautor der Studie, Hannes Vietzen vom Zentrum für Virologie die neuen Möglichkeiten, die sich aus der Forschungsarbeit in Hinblick auf die Prävention, aber auch auf die Früherkennung von MS ergeben. 

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Den Untersuchungen zufolge erwies sich die Entwicklung einer MS als von bestimmten genetischen Faktoren sowie von der Infektion mit einer bestimmten EBV-Virusvariante abhängig, welche laut den Laborexperimenten zu einer deutlich abgeschwächten Immunantwort gegen die autoreaktiven Prozesse führt und damit zur Entstehung von MS beiträgt. "Möglicherweise ist eine Analyse der EBV-Varianten, die bei diesen Patientinnen und Patienten nachgewiesen werden, hilfreich, um Risikopatientinnen und Risikopatienten frühzeitig identifizieren zu können" sagt Hannes Vietzen im Vorfeld weiterer Studien, die diese Erkenntnisse vertiefen sollen.

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