Was Mobbing in Kindertagen mit der jugendlichen Psyche macht

Eine junge Frau vergräbt ihren Kopf.
Wer schon in ganz jungen Jahren drangsaliert wird, leidet nicht nur im Moment, sondern auch langfristig. Dabei dürfte der durch Mobbing ausgelöste soziale Vertrauensverlust eine wesentliche Rolle spielen, wie neueste US-Forschungen nahelegen.

Forschende der US-amerikanischen University of California, Los Angeles, und der schottischen University of Glasgow haben sich angesehen, welche seelischen Folgen kindliche Erfahrungen mit Mobbing im späteren Jugendalter haben können – und auch, worin potenzielle Negativeffekte auf die Psyche wurzeln könnten.

Mit besorgniserregendem Ergebnis: Mobbing hemmt demnach nicht nur das Vertrauen in andere Menschen. Wer als Kind schikaniert und ausgegrenzt wurde, leidet schon im Alter von nur 17 Jahren mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit an psychischen Problemen.

Misstrauen gegenüber anderen nährt womöglich psychische Probleme

Den Autorinnen und Autoren zufolge ist die Studie aus der Fachzeitschrift Nature Mental Health vermutlich die erste, die den Zusammenhang zwischen Mobbing durch Gleichaltrige, zwischenmenschlichem Misstrauen und der Entwicklung von seelischen Problemen wie Angststörungen, Depressionen, Hyperaktivität und Wut untersucht.

Die Forschenden sahen sich Daten von rund 10.000 britischen Kindern an, die im Rahmen der sogenannten "Millennium Cohort Study" fast zwei Jahrzehnte lang begleitet wurden. Anhand der Daten zeigte sich, dass Jugendliche, die schon im Alter von elf Jahren gemobbt wurden und im Alter von 14 Jahren bereits ein großes zwischenmenschliches Misstrauen entwickelt hatten, im Alter von nur 17 Jahren mit etwa 3,5-mal höherer Wahrscheinlichkeit klinisch signifikante psychische Gesundheitsprobleme hatten – im Vergleich zu Heranwachsenden, die weniger Argwohn gegenüber anderen hegten.

Schon frühere Forschungen haben immer wieder Zusammenhänge zwischen frühem Mobbing und späteren psychischen Leiden, neben bereits genannten Depressionen und Angstzuständen etwa auch Suchtproblemen oder auch Suizidgedanken, offengelegt. In der aktuellen Studie wird aber insbesondere die Rolle des Gefühls junger Menschen, keine vertrauensvollen Beziehungen zu ihren Mitmenschen eingehen zu können, betont. 

Die Ergebnisse könnten Schulen und anderen Bildungseinrichtungen helfen, neue Maßnahmen zu entwickeln, um negativen Auswirkungen von Mobbing entgegenzuwirken, so George Slavich, Hauptautor der Studie und Leiter des Labors für Stressbewertung und -forschung der UCLA.

Risikofaktoren für eine belastete Gesundheit identifizieren

"Es gibt nur wenige Themen der öffentlichen Gesundheit, die derzeit wichtiger sind als die psychische Gesundheit von Jugendlichen", wird Slavich in einer Aussendung zur Studie zitiert. "Um Jugendlichen zu helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssen wir in Forschung investieren, die Risikofaktoren für eine belastete Gesundheit identifiziert und dieses Wissen in Präventionsprogramme umsetzt."

Wer schon früh mit Mobbing konfrontiert werden, sei gefährdet, seinen Mitmenschen zu misstrauen und die Welt als "unfreundlichen, gefährlichen oder unberechenbaren Ort" wahrzunehmen, wie die Fachleute betonen. Das könne das psychische Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Ohne adäquate Behandlung hätten Menschen, die schon im Teenageralter psychische Probleme entwickeln, Slavich zufolge auch ein höheres Risiko während ihres gesamten Lebens an psychischen und physischen Probleme zu leiden.

Cybermobbing löst "reales" Mobbing ab

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich hierzulande in der und durch die Corona-Pandemie weiter verschlechtert, wie Daten der jüngsten internationalen HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children Study) offenlegen. 

Im Zuge der Studie wird alle vier Jahre der Gesundheitszustand von Schulkindern erhoben. In Österreich wurden zuletzt im Schuljahr 2021/22 rund 7.000 Kinder und Jugendliche in den Schulstufen 5, 7, 9 und 11 dazu befragt – also Kinder im Alter von zehn bis 17 Jahren. 

Auch zum Thema Mobbing gab es neue Erkenntnisse: Je nach Schulstufe wurden zwischen drei und zwölf Prozent der Mädchen und zwischen vier und 13 Prozent der Burschen in den letzten Monaten mehrmals in der Schule gemobbt. Rund zwei Prozent der Mädchen und fünf Prozent der Schüler outeten sich umgekehrt als Mobbing-Täter. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich als Mobbing-Opfer oder Mobbing-Täter bezeichnen, ist dabei zwischen 2010 und 2018 deutlich zurückgegangen und seither gleichgeblieben. Zugenommen hat allerdings Cybermobbing, also das Schikanieren im Netz: Je nach Schulstufe zwischen acht und 13 Prozent der Jugendlichen wurden in den letzten Monaten zumindest einmal Opfer.

Dass die Generation Z – junge Menschen, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren wurden –in Bezug auf ihre mentale Gesundheit wie keine Jugendgeneration zuvor gefordert sind, zeigt auch der erst diese Woche neu veröffentlichte Austrian Health Report: Nur jeder Zweite zeigt sich demnach mit der eigenen psychischen Gesundheit sehr zufrieden und zufrieden. In dieser Altersgruppe sind Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Depressionen oder auch Zukunftsängste österreichweit am stärksten ausgeprägt.

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