Milchdesserts sind immer noch zu süß
Von Buttermilch über Joghurt bis zum Kakao: Milchprodukte können in der Ernährung wertvoll sein - oder aber auch ungesunde Zuckerbomben. Das unabhängige Institut SIPCAN, Special Institute for Preventive Cardiology And Nutrition, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Konsumenten für die versteckten Kalorien zu sensibilisieren und die Industrie zum Gegensteuern zu bewegen. Es vergleicht dafür den Zuckergehalt in Form einer Produktliste.
Heuer wurden mehr als 1000 Produkte unter die Lupe genommen. SIPCAN stellt die Ergebnisse der jährlichen Datenerhebung auf www.sipcan.at zur Verfügung: einerseits in Form der SIPCAN-Milchliste zum kostenlosen Download bzw. zur Onlinesuche unter www.sipcan.at/milchliste, aber auch als kostenlose APP - zu finden unter dem Stichwort „SIPCAN Checklisten“.
Milchdesserts immer noch zu süß
„Produkte zum Löffeln wie Milchdessert, Topfencremen, aber auch Joghurts enthalten derzeit durchschnittlich 12,3 g Zucker pro 100 g und liegen somit immer noch über dem Grenzwert von 12 g pro 100 g“, zieht Studienleiter Manuel Schätzer Bilanz.
Dieser Grenzwert wurde von SIPCAN festgelegt, angelehnt an die WHO-Empfehlung, weniger als 10 Prozent der täglichen Energieaufnahme aus Zucker abzudecken. Der Wert setzt sich aus dem natürlichen Zuckergehalt der Milch (4,6 g pro 100 ml) und der Höchstmenge an zugesetztem Zucker von 7,4 g pro 100 ml zusammen und wurde mit dem Gesundheits-, Landwirtschafts- und Unterrichtsministerium sowie der Landwirtschaftskammer abgestimmt.
Trinkprodukte nicht ganz so zuckerhaltig
Deutlich besser schnitten die Produkte zum Trinken ab. Bei Molkeprodukten, Trinkjoghurts oder Milchgetränken liegt der durchschnittliche Zuckergehalt derzeit bei 10,3 g pro 100 ml“, sagt Schätzer: „Dennoch ist Vorsicht geboten, denn getrunken wird oft eine größere Menge und damit wird auch eine ordentliche Portion Zucker konsumiert“.
Ernährungsempfehlungen
Milch und Milchprodukte sind prinzipiell wertvolle Nährstofflieferanten und wesentliche Bestandteile der Empfehlungen der Österreichischen Ernährungspyramide. Sie enthalten Kalzium-, Vitamin- und Eiweiß. Drei Portionen sollte jeder täglich konsumieren. Dies entspricht einem halben Kilogramm fettarme Milch und Milchprodukte. Erreicht werden diese Empfehlungen aber bei weitem nicht. Laut jüngstem Ernährungsbericht nehmen Frauen im Durchschnitt nur 255 g pro Tag und Männer 260 g pro Tag zu sich, also etwa nur die Hälfte davon.
Grenzwerte überschritten
Dabei sind nicht alle Milchprodukte gleichermaßen gesund. „Jedes zweite untersuchte Milchprodukt entspricht immer noch nicht den vorgegebenen Zuckergrenzwerten“, interpretiert Schätzer die Ergebnisse. Vor allem Milchprodukte zum Löffeln haben noch Aufholbedarf: Rund 6 Produkte von 10 (57,8 %) enthalten immer noch zu viel Zucker. Derzeit konsumiert man mit einem 250 g Becher Fruchtjoghurt, Topfencreme & Co eine durchschnittliche Zuckermenge vergleichbar mit 8 Stück Würfelzucker. Die Zuckermenge in einem 250 ml Glas Milchgetränk, Molke & Co entspricht rund 7 Stück Würfelzucker.
Industrie gefordert
„Die Industrie muss ihre Verantwortung weiterhin konsequent wahrnehmen und auch in Zukunft klare Akzente setzen“, fordert der Stoffwechselexperte Friedrich Hoppichler. In den vergangenen Jahren ist bereits einiges geschehen. Die Produzenten reagierten auf das steigende Gesundheitsbewusstsein und senkten den durchschnittlichen Zuckergehalt um 15,6 Prozent.
Hoppichler hebt als positives Beispiel die „Zucker-raus-Initiative“ hervor, bei der sich zahlreiche Industriebetriebe und Handelsvertreter klar zu einer schrittweisen Zuckerreduktion bekennen. Für viele der über 1.000 Produkte in den heimischen Supermarktregalen gibt es aber noch immer ein großes Optimierungspotential.
Übergewicht, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte
„Um der Übergewichtsproblematik und den damit einhergehenden Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes aber auch erhöhten Blutfetten entgegenzuwirken, ist es aus medizinischer Sicht sehr wichtig ein Bewusstsein dafür zu entwickeln in welchen Lebensmitteln sich Zucker versteckt.“ Hoppichler betont: „Achten Sie auf den Zuckergehalt am Lebensmittel-Etikett.“ Und Schätzer ergänzt: Mit der Produktliste solle jeder Konsument die Chance haben, sich schrittweise an weniger Süße gewöhnen zu können.
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