Bei Masern gibt es keine "gut überstandene Infektion"

Bei Masern gibt es keine "gut überstandene Infektion"
Österreich gehört neben Rumänien und Liechtenstein gemessen an der Einwohnerzahl zu den Ländern mit den meisten Masernfällen in Europa.

Fachleute befürchten einen weiteren Anstieg an Masernfällen in Europa. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Bericht der EU-Gesundheitsbehörde ECDC hervor. Nach mehreren Jahren mit wenigen Fällen habe es 2023 wieder mehr Meldungen gegebenen, unter anderem wegen unzureichender Impfquoten. Gemessen an der Einwohnerzahl standen Rumänien, Liechtenstein und Österreich am schlechtesten da. 186 Fälle gab es hierzulande im Vorjahr, seit Jahresbeginn 2024 sind es bereits 110.

"Mit weiteren Fällen ist weiterhin zu rechnen", betonte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) am Freitag in ihrem Update zur aktuellen Situation. Ende Jänner hatte es einen sprunghaften Anstieg der Meldungen gegeben. Der Trend dürfte sich laut ECDC nicht nur in Österreich fortsetzen, neben fehlender Impfungen auch wegen eines saisonal bedingten Anstiegs sowie Einschleppung von Fällen aus Drittländern. 

Im Jänner und Februar 2024 seien bereits sieben vom Masernvirus verursachte Todesfälle in der EU gemeldet worden - sechs in Rumänien und einer in Irland.

Impfquoten sollen erhöht werden

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, empfiehlt die Gesundheitsbehörde den europäischen Ländern, hohe Impfquoten zu erreichen oder beizubehalten und die Impf-Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern. Am meisten gefährdet durch das Masernvirus sind dem Bericht zufolge Kleinkinder, die noch zu jung sind, um geimpft zu werden. Auch für ungeimpfte Kinder unter fünf Jahren sowie für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gehe demnach eine erhöhte Gefahr schwerer Verläufe von Masern aus.

Seit 2023 war ein Anstieg an Masernfällen in der EU beobachtet worden - wenn auch deutlich unter dem Niveau einiger früherer Jahre. So meldeten unter anderem auch Frankreich Ausbrüche. Insgesamt wurden 2.361 Fälle gemeldet, 1.755 in Rumänien, 186 in Österreich und 118 in Frankreich. Viele europäische Länder hätten aber auch keine oder sehr wenige, sporadische Fälle gehabt, berichtete die ECDC.

Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit, nannte den Anstieg von Masernfällen "besorgniserregend" und fügte hinzu: "Die gute Nachricht ist, dass es sich um eine Krankheit handelt, die durch Impfungen verhindert werden kann und dass in der EU viele sichere und effektive Impfstoffe erhältlich sind."

Ärztekammer fordert: Impflücken sollen geschlossen werden

Die Ärztekammer Wien ortete in einer Aussendung schwere Impflücken, die endlich geschlossen werden müssen. "Wir fordern ein One-Stop-Shop-System und die flächendeckende Bereitstellung von Impfstoffen in den Ordinationen", betonte Vizepräsidentin Naghme Kamaleyan-Schmied. Um das Bewusstsein für Impfungen in der Bevölkerung zu stärken, empfiehlt die Ärztekammer eine Verknüpfung mit der jährlichen Vorsorgeuntersuchung, um den Impfstatus entsprechend des österreichischen Impfprogramms laufend zu überprüfen.

Masern sind hochansteckend, unangenehm und können zu Lungenentzündung, Gehirnhautentzündung und Jahre später mit der sogenannten subakut-sklerosierender Panenzephalitis zu einer weiteren Erkrankung des Gehirns führen, "alles drei (potenziell) tödliche Komplikationen", warnte Thomas Czypionka, Sprecher für Gesundheit am Institut für Höhere Studien (IHS), auf der Plattform X. "Die Masern schwächen zudem das Immunsystem und die Kinder werden anschließend häufiger krank."

Bei Masern gibt es keine "gut überstandene Infektion", betonte auch der Molekularbiologe und "Science Buster" Martin Moder auf X. Masern zerstören die Gedächtniszellen des Immunsystems. Der Körper vergesse, wie er Krankheiten bekämpft, gegen die man bereits einen Immunschutz aufgebaut hatte, erläuterte der Forscher. "Die Wahrscheinlichkeit an anderen Infektionskrankheiten zu sterben, bleibt nach einer Masern-Infektion zwei bis drei Jahre erhöht."

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