Aufholbedarf für Pflege in der Schule
Ein System von Schulkrankenschwestern, wie es in den USA üblich ist, kennt Österreich nicht. Die Geschäftsführerin von MOKI (Mobile Kinderpflege in Wien) , Gabriele Hintermayer, bedauert das: Ihr Ver ein beschäftigt Kinderkrankenpflegekräfte, die in Schulen und Kindergärten Kinder betreuen.
„Die Aufgaben unserer Mitarbeiter sind sehr unterschiedlich. Manchmal zeigen sie den Pädagogen, wie sie mit Diabetikerkindern umzugehen haben. Da sind wir nur ein paar Mal in der Schule – dann können die Lehrer das alleine.“
Dass der Bund die Haftung für die Lehrer in solchen Fällen übernimmt, ist erst seit 2017 so. Für Irene Promussas, Mutter einer chronisch kranken Tochter und Gründerin des Vereins Lobby4kids, ist das ein „riesengroßer Fortschritt“ – auch, wenn Lehrer nicht verpflichtet werden können, etwa Blutzucker zu messen.
Dort, wo z. B. regelmäßig ein Katheter gelegt werden muss, braucht es in jedem Fall Fachkräfte: „Wir besuchen diese Kinder zwei bis drei Mal am Tag“, sagt Gabriele Hintermayer. Andere Kinder benötigen sogar eine Betreuung rund um die Uhr.
Die Arbeit der MOKI-Pflege ist für Eltern nicht gratis – sie müssen einen Teil vom Pflegegeld dafür bezahlen. Beim Fonds Soziales Wien FSW präzisiert man: „Übersteigt das Stundenausmaß und damit der Kostenbeitrag das Pflegegeld, wird kein weiterer Kostenbeitrag eingehoben. Die Differenz auf die Vollkosten finanziert der FSW. Falls es kein Pflegegeld gibt, aber der Pflegebedarf von uns festgestellt wird, erhalten die Kunden natürlich trotzdem die Leistung, kostenbeitragsfrei.“ Allerdings: Solche Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Familienzeit
Hintermayer hofft, dass Pflegekräfte irgendwann einmal an allen Schulen selbstverständlich sind. „Das wäre eine zeitliche und finanzielle Entlastung für viele Familien.“ Die flächendeckende Einführung von School Nurses, also Pflegern an Schulen, würde Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Pflegeverbands, noch aus einem anderen Grund begrüßen: „So würde ein neues Berufsbild in der Pflege entstehen, das Zukunft hat.“ Und diese Pfleger könnten einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit der Kinder leisten, „indem sie Themen wie Ernährung oder Bewegung ansprechen und so Krankheiten vorbeu gen.“
Zwei grundlegende Konzepte gibt es, wie so ein Schulgesundheitsdienst aussehen könnte: Entweder man hat eine Pflegekraft pro Grätzel oder eine an einem Standort, an dem der Bedarf hoch ist . Hintermayer sieht da zwei Probleme: die Finanzierung und das Personal – derzeit gibt es zu wenig Pfleger.
Weitere Herausforderung: „Es gab eine parlamentarische Enquete zum The ma. Da waren fünf Bundesministerien sowie fünf Landesressorts in den neun Bundesländern involviert, al so 50 Stellen. Allein das macht deutlich, wie schwierig eine Umsetzung der Idee ist,“ sagt Hintermayer.
Morgen: So sieht gelungene 24-Stunden-Pflege aus
Projekt: Therapien am Schulstandort
Eltern, deren Kinder entwicklungsverzögert sind und deshalb eine Therapie benötigen, stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen nicht nur die passenden Therapeuten finden, was oft gar nicht so einfach ist. Sie benötigen auch viel Zeit, Wissen und Geld – schließlich zahlt die Krankenkasse meist nur einen Teil der Behandlungskosten.
Im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern hat der Fonds Soziales Wien gemeinsam mit der Gebietskrankenkasse nun ein Projekt auf die Beine gebracht und finanziert, das auf Kinder mit Behinderungen oder Entwicklungsverzögerung bzw. -gefährdung zugeschnitten ist: Kindertherapie, kurz KIT, nennt sich dieses Pilotprojekt, das im Oktober 2017 gestartet wurde.
Kindergartenkinder und Schüler erhalten im Bildungscampus Seestadt verschiedene Behandlungen, darunter Logo-, Ergo- und Physiotherapie. Der Vorteil: Die Kinder können die in der Therapie gewonnen Fertigkeiten gleich direkt am Standort üben und festigen. Und auch die Eltern profitieren von KIT. Sie ersparen sich nicht nur die langen Wege zum Therapeuten, sondern auch Geld, denn das Angebot ist kostenlos. Welche Kinder in den Genuss dieser Hilfe kommen, entscheidet ein Arzt.
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