Krebs unter 40? "Ich dachte nur: Sicher nicht bei mir"
Als die Prinzessin von Wales die Diagnose Krebs erhielt und mit der ganzen Welt teilte, hatte Johanna Wagmeier das Schlimmste bereits hinter sich. Die 37-Jährige ist so wie Kate junge Mutter – und weiß, wie es sich anfühlt, mitten im Leben von einer Krebserkrankung überrascht zu werden.
„Ich konnte das gut nachvollziehen, dass sie mit dem Video bis zu den Osterferien der Kinder gewartet hat. Ihre Kinder sind etwas älter als meine und verstehen schon besser, was eine Krebsdiagnose bedeutet“, sagt Wagmeier. Auch sie entschied sich rasch für einen offenen Umgang mit der Erkrankung. „Es ist besser, die Fakten auf den Tisch zu legen. Es hilft ein bisschen, die Kontrolle zu behalten, wenn man das Gefühl hat, die Kontrolle über sein Leben komplett zu verlieren.“
Blut im Stuhl
Bei Wagmeier kam dieses Gefühl im Herbst 2022 hoch. Als die Chemie-Lehrerin Blut um Stuhl entdeckte, tippte sie erst auf „beleidigte Hämorrhoiden“ nach zwei Schwangerschaften knapp hintereinander. „Google sagt ja immer Krebs, ich dachte: Sicher nicht bei mir! Dass bei der Koloskopie ein großer Tumor zu sehen war, hat selbst den Arzt überrascht.“ Einer ihrer ersten Gedanken nach der Diagnose Darmkrebs: „Werde ich meine Kinder aufwachsen sehen? Es war damals noch nicht klar, ob es heilbar ist.“
Prinzessin Catherine und Johanna Wagmeier gehören zu einer Gruppe Menschen, die entgegen der Statistik vor dem fünfzigsten Lebensjahr – scheinbar gesund – an Krebs erkranken. Die 42-jährige Kate wird nach ihrer Unterleibsoperation mit einer Chemotherapie behandelt, die Art des Krebs verriet sie nicht. Bei jungen Frauen ist vor allem Brustkrebs für den Anstieg an Diagnosen verantwortlich, auch Tumore im Verdauungstrakt werden international gesehen heute öfter vor dem fünfzigsten Lebensjahr festgestellt (in Österreich ist die Inzidenz jedoch rückläufig).
Dass die „Warum ich?“-Frage zu nichts führt, hat Wagmeier in einer Psychotherapie aufgearbeitet. „Es geht nicht um Fairness, es geht darum, wie man möglichst gut aus der Sache herauskommt“, weiß sie heute. „Auch deswegen finde ich es gut, dass Kate ihre Diagnose öffentlich gemacht hat. Ich denke, das trägt zur Enttabuisierung bei. Es kann jeden treffen. Wenn man das weiß, hadert man weniger.“
Nebenwirkungen
Vor genau einem Jahr wurde Wagmeier operiert, nachdem der ungünstig gelegene Tumor zuvor mit einer Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie bekämpft worden war. Bei der Operation wurde das Rektum entfernt und durch einen künstlichen Darmausgang ersetzt, mit dem die Lehrerin fünf Monate lebte. In dieser Zeit bekam sie – so wie Kate – eine adjuvante Chemotherapie, um etwaige Tumorzellen oder Metastasen „vorsorglich“ zu eliminieren.
„Die Nebenwirkungen sind stark von der Krebsart und dem Therapeutikum abhängig“, sagt sie. „Ich dachte, mir würden die Haare ausfallen, aber das ist typisch für die Brustkrebs-Chemotherapien. Stattdessen hatte ich stechende Schmerzen auf der Schleimhaut, wenn ich etwas Kühles getrunken habe.“
Drachenmedizin
In so einer Ausnahmesituation braucht es die Unterstützung des ganzen Umfelds. Besonders herausfordernd war die Situation für ihren Mann, sagt Wagmeier. „Er hatte das Gefühl, dass er wenig tun kann, obwohl er mir gerne alles abgenommen hätte. Das Gefühl, passiv und hilflos zu sein, kann schlimmer sein, als wenn man selbst betroffen ist. Ich konnte ja aktiv kämpfen.“
Ihre Kinder, damals zwei und vier, seien „in das Ganze hineingewachsen“. „Kinder haben die Gabe, in allem das Positive zu sehen. Einmal hat mich mein Sohn gefragt: ‚Mama, wann kriegst du wieder Krebs? Im Krankenhaus waren so viele Rettungsautos, das war toll!‘“ Die Chemotherapie wurde, inspiriert von einem Kinderbuch, zur „Drachenmedizin“ erklärt. „Wenn ich die Tablette eingenommen habe, haben wir wie Drachen gefaucht. Dieses Ritual vermisse ich ein bisschen.“
Aktuell befindet sich Wagmeier in der Nachsorge, sie unterrichtet wieder an ihrem Gymnasium und blickt positiv in die Zukunft – auch wenn der Darm noch nicht ganz mitspielt. Als Mama habe sie gelernt, dass nicht immer alles perfekt sein muss. „Ich lebe jetzt mehr im Moment. Ich habe beschlossen, dass ich meinen Darm nicht über mein Leben bestimmen lasse.“
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