Kinder von fürsorglichen Eltern haben als Erwachsene weniger Herzleiden
Weltweit sterben jährlich rund 17,3 Millionen Menschen an den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Neben genetischer Veranlagung sind es vor allem gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie Rauchen, Stress, Bewegungsmangel, erhöhter Alkoholkonsum und ungesunde Ernährung, die das Herz belasten.
Doch auch die Seele kann das Herz schwächen. So kann etwa bei lang anhaltenden Depressionen das Risiko für Herzkrankheiten steigen. Besonders starker seelischer Stress wie Trauer oder Liebeskummer kann sogar zu einem akuten Herzleiden führen, dem sogenannten Broken-Heart-Syndrom. Und Forschungen haben ergeben, dass Missbrauchserfahrungen in der Kindheit die Herzgesundheit im Erwachsenenalter strapazieren können. Auch vernachlässigte Kinder oder Kinder von suchtkranken Eltern leiden später im Leben häufiger an Herzproblemen.
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Offenbar lässt sich dieser Effekt auch umdrehen: Einer neuen Studie zufolge schützen nämlich liebevolle Bezugspersonen und stabile Bindungserfahrungen in der Kindheit vor späteren Herzleiden. Veröffentlicht wurde die Untersuchung kürzlich im Fachblatt Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes.
Suche nach Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beginnt in der Kindheit
"Wir wissen, dass die Abschwächung von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Kindheit beginnen muss", wird Robin Ortiz, Studienhauptautorin, Kinderärztin und Spezialistin für Bevölkerungsgesundheit an der New York University, über die Hintergründe der Studie in einer Aussendung zitiert.
Das Forscherteam um Ortiz analysierte Daten von 2.074 US-Amerikanerinnen und -Amerikanern, die an der sogenannten CARDIA-Studie teilgenommen hatten. Eine Langzeitstudie, die Menschen ab dem jungen Erwachsenenalter über 35 Jahre lang begleitet. Mit dem Ziel, zu verstehen, welche frühen Lebensfaktoren das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im späteren Leben erhöhen.
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Für die aktuelle Analyse zog man Daten vom Beginn der Erhebung – die Teilnehmenden waren rund 25 Jahre alt – sowie Ergebnisse von Folgemessungen nach sieben und 20 Jahren heran. Erhoben wurden gesundheitliche Marker wie Gewicht, Blutdruck und Cholesterinwerte sowie Informationen zum Lebensstil. Und man sammelte Daten dazu, wie es den Probandinnen und Probanden in ihrer Kindheit und Jugend psychisch ergangen war.
Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen einer beeinträchtigten Herzgesundheit und Berichten über Misshandlungen vonseiten enger Bezugspersonen. Der Effekt blieb auch bestehen, als die Forschenden potenziell verzerrende Faktoren wie Geschlecht, Hautfarbe und Alkoholkonsum berücksichtigten.
Wer jedoch angab, als Kind keine Gewalt, dafür aber viel liebevolle Zuwendung und Wärme erfahren zu haben, hatte als Erwachsener mit höherer Wahrscheinlichkeit ein gesundes Herz. Und: Berichtete eine Person von wenig Wärme in ihrer Kindheit, war es für die spätere Gesundheit fast unerheblich, ob sie zusätzlich Misshandlung erlebt hatte oder nicht. Das unterstreicht den Fachleuten zufolge, wie wichtig ein Aufwachsen in warmherziger Umgebung ist.
Komplexes Wechselspiel von Zuwendung und Missbrauch
Für noch spannender hält Studienautorin Ortiz allerdings folgenden Befund: Und zwar schien bei den Studienteilnehmenden die Kombination starker Missbrauch und viel Wärme besonders ungünstig zu sein. Die betroffenen Personen hatten schlechtere Werte als Menschen mit heftigen Missbrauchs- und kaum Fürsorgeerfahrungen.
Ortiz interpretiert die Ergebnisse dahingehend, dass eine unterstützende Bezugsperson zwar für die spätere Gesundheit entscheidend ist. Die Stabilität und Beständigkeit von Unterstützung und Wärme aber ebenso wichtige Prädiktoren dafür sind.
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Erfahren Menschen in Kindertagen sowohl Gewalt als auch Wärme, führt das demnach womöglich zu besonders tiefer Verunsicherung. Hat man nur Vernachlässigung erlebt, war – zynisch ausgedrückt – zumindest auf diese Erfahrung Verlass. Verhalten und Bewältigungsstrategien konnten dann zumindest planbar darauf ausgerichtet werden. Das Wechselspiel aus fehlender Fürsorge und schützender Obhut lässt Kinder hingegen in total destabilisierten Verhältnissen zurück. Im Erwachsenenalter kann das nicht nur Problemen beim Vertrauensaufbau in Beziehungen die Rutsche legen, sondern auch gesundheitsschädigendem Verhalten.
"Während ein ungünstiges familiäres Umfeld in der Kindheit mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Gesundheit im Erwachsenenalter in Verbindung gebracht wurde, deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass eine unterstützende und vor allem stabile Betreuung einen stärkeren Einfluss auf die spätere Herzgesundheit haben könnte als frühe Widrigkeiten", summiert Ortiz, die auch künftig weiter dazu forschen will.
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