Kinder und Corona: Psychische Gesundheit verschlechterte sich

Kinder und Corona: Psychische Gesundheit verschlechterte sich
Neue Studie belegt, dass bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen die Veränderungen Pandemie besonders stark belasteten.

Die Corona-Pandemie geht an den jüngsten Mitgliedern der Gesellschaft nicht spurlos vorbei. Das zeigte die Auswertung einer breit angelegten Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Sie hatten zwischen 26. Mai und 10. Juni 2020 im Rahmen der sogenannten COPSY-Studie mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren sowie mehr als 1.500 Eltern per Online-Fragebogen zu Lebensqualität und Wohlbefinden befragt.

 Damit wollten sie Erkenntnisse über die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche erhalten. Das Ergebnis ist besorgniserregend: Vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien zeigten während der Corona-Pandemie und auch danach vermehrt psychische und psychosomatische Auffälligkeiten.

Die meisten fühlten sich belastet

„Die Studie hat gezeigt, dass die Herausforderungen der Pandemie und die damit im sozialen Leben einhergehenden Veränderungen die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verringern und das Risiko für psychische Auffälligkeiten erhöhen.

Die Auswertung der COPSY-Daten macht deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen die seelischen Belastungen der Corona-Pandemie spüren: 71 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich dadurch belastet.  Zwei Drittel von ihnen geben eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an.

Vor Corona war dies nur bei einem Drittel der Kinder und Jugendlichen der Fall gewesen. „Wir haben mit einer Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens in der Krise gerechnet. Dass sie allerdings so deutlich ausfällt, hat auch uns überrascht“, sagt Prof. Ravens-Sieberer.

Bei jedem zweiten Kind hat das Verhältnis zu seinen Freunden durch den mangelnden physischen Kontakt gelitten“, sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe „Child Public Health“ der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.
 

Psychische Gesundheit im Zentrum

Im Mittelpunkt der COPSY (Corona und Psyche)-Studie standen Themen wie psychische Gesundheit, Lebensqualität und Gesundheitsverhalten sowie konkrete Fragen zu Schule, Familie und Freunden. Um herauszufinden, wie sich die Werte im Vergleich zu der Zeit vor Corona verändert haben, verglichen die UKE-Forscherinnen und -Forscher die aktuellen Werte mit vorher erhobenen Daten bundesweiter Studien.

Die Kinder und Jugendlichen erleben während der Krise vermehrt psychische und psychosomatische Probleme: Das Risiko für psychische Auffälligkeiten steigt von rund 18 Prozent vor Corona auf 31 Prozent während der Krise (s. Grafik 3). Die Kinder und Jugendlichen machen sich mehr Sorgen und zeigen häufiger Auffälligkeiten wie Hyperaktivität (24 Prozent), emotionale Probleme (21 Prozent) und Verhaltensprobleme (19 Prozent). Auch psychosomatische Beschwerden treten während der Corona-Krise vermehrt auf. Neben Gereiztheit (54 Prozent) und Einschlafproblemen (44 Prozent) sind das beispielsweise Kopf- und Bauchschmerzen (40 bzw. 31 Prozent).


Lernen und Schule wird anstrengender

Auch bei Themen wie Schule, Familie oder Freunde zeigten sich in der Corona-Zeit auffällige Veränderungen: Für zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen sind die Schule und das Lernen anstrengender als vor Corona. Sie haben Probleme, den schulischen Alltag zu bewältigen und empfinden diesen teilweise als extrem belastend. „Das verwundert kaum, da den Kindern und Jugendlichen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich ihre Freunde fehlen. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig“, erklärt Ravens-Sieberer. Auch in den Familien hat sich die Stimmung verschlechtert: 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 37 Prozent der Eltern berichten, dass sie sich häufiger streiten als vor der Corona-Krise.

Vor allem Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erleben die Corona-bedingten Veränderungen als äußerst schwierig. Fehlende finanzielle Ressourcen und ein beengter Wohnraum führen ebenfalls zu einem hohen Risiko für psychische Auffälligkeiten.

Mangelnde Rückzugsmöglichkeiten und fehlende Tagestruktur können besonders in Krisenzeiten zu Streit und Konflikten in der Familie führen. Ihre Forderung: „Wir brauchen dringend Konzepte, wie wir die Familien in belasteten Phasen besser unterstützen können. Wir wissen, wenn die Eltern belastet sind, sind es auch die Kinder. Und wenn verschiedene Belastungen zusammenkommen, nimmt das Risiko für psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu.“

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