Impfschäden: Prozess gegen Biontech überraschend abgesagt

Impfschäden: Prozess gegen Biontech überraschend abgesagt
Eine Hamburger Ärztin klagt das Unternehmen wegen Nebenwirkungen und fordert mindestens 150.000 Euro.

Am Montag Vormittag hätte der Auftakt im ersten Zivilprozess Deutschlands gegen den Impfstoffhersteller Biontech beginnen sollen, doch der erste Prozesstag wurde überraschend abgesagt. Grund für die Absage sei ein Befangenheitsantrag des Anwalts der Klägerin gegen den Richter, sagte ein Gerichtssprecher.

Eine Hamburgerin, die als Ärztin in einem Krankenhaus arbeitet, klagt das Unternehmen wegen mutmaßlicher Schäden durch den Covid-Impfstoff Comirnaty. Die Frau – sie möchte namentlich nicht genannt werden – leidet laut eigenen Angaben seit der Impfung unter anderem an Schmerzen im Oberkörper, Schwellungen der Extremitäten sowie Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen.

 

"Klage unbegründet"

Davor sei sie laut ihrem Anwalt kerngesund gewesen. Auf 200 Seiten hat sie ihre Krankengeschichte beschrieben, ergänzt durch ärztliche Atteste und Laborergebnisse. Und sie fordert ein Schmerzengeld von mindestens 150.000 Euro, teilte das Landgericht Hamburg mit. Außerdem soll Biontech alle materiellen Schäden, die ihr entstanden sind, ersetzen.

Biontech wies die Vorwürfe bereits im Vorfeld zurück. "Wir haben die von der Klägerin dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf der Grundlage aller zur Verfügung stehenden Informationen sorgfältig geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klage unbegründet ist", heißt es in einer Erklärung des Mainzer Unternehmens. Das positive Nutzen-Risiko-Profil des Impfstoffs Comirnaty bleibe positiv und das Sicherheitsprofil sei gut charakterisiert worden.

➤ Mehr dazu: Biontech muss sich erster Impfschaden-Klage stellen

Mehrere hundert Klagen folgen

Der Prozess wurde mit Spannung erwartet. Das Gericht wollte sich ein eigenes Bild von der Klägerin machen, sie war persönlich geladen. In Deutschland stehen in den kommenden Monaten mehrere hundert ähnliche Klagen an, auch gegen andere Hersteller von Covid-Impfstoffen, darunter Moderna. Der Anwalt der Hamburger Klägerin, Tobias Ulbrich von der Kanzlei Rogert & Ulbrich, gab an, dass allein seine Kanzlei in 250 Fällen Klagen bei Gericht eingebracht habe. Eine weitere Anwaltskanzlei, Cäsar-Preller, vertritt nach ihren Angaben 100 ähnliche Fälle.

Bei den bisher geprüften Fällen handle es sich laut Biontech um gesundheitliche Beeinträchtigungen, die entweder als mögliche Nebenwirkungen bekannt sind und in den Fach- und Gebrauchsinformationen angegeben werden. Das sind vor allem temporäre Impfreaktionen wie Kopfschmerzen oder Fieber. Oder aber es handle sich um gesundheitliche Beeinträchtigungen, bei denen kein Zusammenhang mit dem Impfstoff festgestellt werden kann – nach Stand der Wissenschaft und im Austausch mit den zuständigen Behörden, heißt es vonseiten Biontechs.

Wer zahlt?

Auch die Europäische Arzneimittelagentur EMA bekräftigte vergangene Woche den Nutzen aller von der Agentur zugelassenen Covid-Impfungen, einschließlich jener von Biontech, und betonte, dass die Impfstoffe allein im ersten Jahr der Pandemie dazu beigetragen hätten, weltweit schätzungsweise rund 20 Millionen Leben zu retten. Insgesamt haben 1,5 Milliarden Menschen Comirnaty erhalten, die Anwendung sei sicher.

Unklar ist, wer für Schadenersatzzahlungen überhaupt aufkommen müsste, sollte Biontech vor Gericht verlieren. So habe es laut Nachrichtenagentur Reuters zu Beginn der Pandemie Vereinbarungen zwischen der EU und den Impfstoffherstellern gegeben haben, dass die EU-Staaten und nicht sie für die finanzielle Entschädigung bei möglichen Nebenwirkungen aufkommen. Einige der Großabnahmeverträge der EU mit Impfstoffherstellern, darunter Biontech/Pfizer, sollen einen vollständigen oder teilweisen Haftungsverzicht sowohl für Rechtskosten als auch für potenzielle Entschädigungen enthalten, was dazu führen könnte, dass die EU-Regierungen einen Teil der Kosten tragen müssten.

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