Wie sich geringe psychische Widerstandskraft auf das Herz auswirkt

Wer mit belastenden und herausfordernden Lebenssituationen besser umgehen und sie besser bewältigen kann, dessen psychische Gesundheit profitiert von dieser Widerstandsfähigkeit.
Jetzt zeigt eine große Studie: Eine derartige psychische Resilienz wirkt sich nicht nur auf die seelische, sondern auch deutlich auf die körperliche Gesundheit aus. Darauf deutet eine aktuelle Auswertung der deutschen Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) mit über 12.000 Teilnehmenden hin.
Die Studie wurde an der Universitätsmedizin Mainz unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) durchgeführt und in der Zeitschrift Journal of Psychosomatic Research veröffentlicht.
Der Schutzfaktor "Resilienz" – also die Fähigkeit, mit Stress, Krisen und Schicksalsschlägen konstruktiv umzugehen und sich davon zu erholen – wurde laut den Autorinnen und Autoren bisher in der Herzmedizin nur wenig berücksichtigt.
In der Gutenberg-Studie hat man diesen Faktor aber jetzt eingeschlossen, und zwar mittels eines speziellen Fragebogens zur Erfassung der psychischen Widerstandsfähigkeit einer Person ("Brief Resilient Coping Scale"). Diese "Resilienzskala" misst, wie gut Menschen mit schwierigen Situationen umgehen können.
Psyche und Herz: Enger Zusammenhang
Das Ergebnis: Menschen mit niedriger Resilienz hatten ein um 38 Prozent erhöhtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Und sie hatten auch ein um 36 Prozent erhöhtes Risiko, innerhalb des mittleren Beobachtungszeitraumes von viereinhalb Jahren zu sterben – auch dann, wenn andere Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck oder Rauchen in die Auswertung einbezogen wurden.
Besonders deutlich war der Zusammenhang mit der Resilienz bei der sogenannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Dabei kommt es – meist in den Beinen – zu einer Durchblutungsstörung. Die Ursache ist in den allermeisten Fällen eine Gefäßverkalkung, die Arteriosklerose. Die Gefäße verengen sich aufgrund von Ablagerungen zunehmend, sie verhärten sich und büßen ihre Elastizität ein.
"Unsere Daten suggerieren: Wer psychisch resilient ist, schützt sein Herz. Diese Schutzwirkung ist ähnlich wie bei klassischeren Faktoren wie körperliche Aktivität oder gesunde Ernährung", sagt Studienleiter Omar Hahad vom Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz. Die Ergebnisse könnten wichtige Impulse für eine moderne Präventionsmedizin liefern, die Körper und Psyche gemeinsam betrachtet.
Bedeutung für die gesamte Gesellschaft
Ein Thema ist das aber nicht nur für die individuelle Gesundheit, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene: Denn Resilienz ist nicht nur eine individuelle Fähigkeit, sondern wird auch von sozialen Faktoren wie Bildung, sozialer Unterstützung oder beruflicher Stabilität beeinflusst, so die Studienautoren.
Menschen in belastenden Lebenssituationen sind daher doppelt gesundheitlich gefährdet – psychisch, aber auch körperlich.
Die Forschenden plädieren dafür, psychische Schutzfaktoren künftig systematisch in der kardiologischen Versorgung und Vorsorge zu berücksichtigen, etwa durch Resilienztrainings, psychologische Begleitung bei chronischer Erkrankung oder durch eine stärkere Berücksichtigung psychosozialer Belastungen in der Hausarztpraxis.
All das könnte helfen, die psychische Widerstandskraft zu stärken – und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
In Österreich ist der Bereich der Psychokardiologie in den vergangenen Jahren bereits stärker in den Blickpunkt gerückt. So gibt es etwa im Wiener Hanusch-Spital der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) einen Psychokardiologie-Schwerpunkt.
Im Blickpunkt steht dabei das Zusammenspiel von körperlichen, psychischen und sozialen Prozessen, welche auf die Entstehung und den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen Einfluss nehmen.
Auch das Rehabilitationszentrum Felbring der Pensionsversicherungsanstalt in Niederösterreich legt einen besonderen Fokus auf die Psychokardiologie.
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