Großbritannien: Patienten auf Intensivstationen werden "jünger und jünger"

Großbritannien: Patienten auf Intensivstationen werden "jünger und jünger"
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter britischer Intensivstationen appellieren an die junge Bevölkerung, sich impfen zu lassen.

Am Wochenende erreichte ein Mahnruf die britische Öffentlichkeit: Immer mehr junge Menschen landen aktuell wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 in den Spitälern des Landes. Das Personal auf den Intensivstationen zeigt sich deswegen alarmiert.

Expertinnen und Experten hatten bereits vor einigen Wochen Bedenken geäußert, als Premierminister Boris Johnson die Corona-Maßnahmen im Land lockerte – trotz steigender Infektionszahlen. Volle Nachtklubs und allgemeine Unbeschwertheit dürften sich nun zeitverzögert in der Situation in den Spitälern niederschlagen.

Ungeimpfte Junge

Zwar sind die Infektionszahlen in Großbritannien derzeit wieder im Fallen begriffen, als problematisch stufen Expertinnen und Experten aber die Tatsache ein, dass ein Drittel der 18- bis 29-Jährigen noch immer keine Erstdosis eines Corona-Impfstoffs erhalten hat. In der Gesamtbevölkerung hat einer von zehn noch keinen immunisierenden Stich bekommen.

Junge Menschen haben im Allgemeinen ein geringeres Risiko, an Covid-19 zu sterben, Intensivpflegerin Samantha Batt-Rawden zeigte sich im Interview mit dem Guardian dennoch besorgt, dass ihre Patientinnen und Patienten "jünger und jünger" werden.

Die überwiegende Mehrheit der Intensivpflegebedürftigen sei ungeimpft: "Einige von ihnen werden sterben. Es ist herzzerreißend für uns, Menschen unnötig leiden zu sehen, in dem Wissen, dass das mit ziemlicher Sicherheit durch den Impfstoff hätte verhindert werden können", sagte Batt-Rawden. Sie würde Patientinnen und Patienten in ihren 30ern oder gar 20ern betreuen, die körperlich fit und nicht vorerkrankt seien.

"Lassen Sie sich impfen"

"Als medizinische Mitarbeiterin einer Intensivstation bitte ich Sie, sich impfen zu lassen", richtete Batt-Rawden einen Appell an die Bevölkerung. "Bitte lassen Sie nicht zu, dass der fehlende Stich zum größten Fehler Ihres Lebens wird."

Adam Finn, Mitglied eines Impf-Ausschusses an der Universität Bristol, erklärt der Londoner Radiostation LBC, dass es während der Delta-Varianten-Welle in Bristol fast 200 Krankenhausaufnahmen von Patientinnen und Patienten mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren gegeben habe. "Wir hatten Menschen unter 30 Jahren auf unserer Intensivstation, die auch eine Sauerstofftherapie auf hohem Niveau benötigten. Das ist bei jungen Erwachsenen nicht immer belanglos. Im Moment erkranken jüngere Menschen wirklich ernsthaft, das ist ein guter Grund, über eine Impfung nachzudenken." Zudem würde eine Immunisierung auch das Risiko der Weitergabe des Virus verringern.

Die neuesten Corona-Daten aus England belegen, dass das Coronavirus dort inzwischen weitgehend unter jungen Erwachsenen grassiert, wobei Fälle bei 16- bis 24-Jährigen fast sechsmal häufiger sind als bei 50- bis 69-Jährigen.

Saffron Cordery von der britischen Gesundheitsbehörde NHS warnte im Gespräch mit dem Guardian vor Long Covid. Jüngste Daten würden darauf hindeuten, dass mehr als zwei Millionen Erwachsene in England über zwölf Wochen lang Coronavirus-Symptome hatten. Zwar steige das Risiko mit zunehmendem Alter: "Es ist aber wichtig, dass jeder – unabhängig vom Alter – versteht, was es heißt, ungeimpft zu bleiben."

Situation in Österreich

Auch hierzulande entfallen die meisten Corona-Infektionen momentan auf jüngere Bevölkerungsgruppen. Die 15- bis 24-Jährigen machen mit Abstand die Altersgruppe mit der höchsten Corona-Neuinfektionsrate aus.

In Österreich haben 225.876 Frauen (49,40 %) in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen mindestens eine Impf-Dosis erhalten, davon verfügen 134.566 Frauen (29,43 %) über einen vollständigen Impfschutz. In der Altersgruppe haben 232.939 Männer (48,06 %) mindestens einen Stich erhalten, davon haben 139.349 (28,75 %) bereits einen vollständigen Impfschutz.

In der Altersgruppe der Unter-15-Jährigen sind 20.976 Mädchen (3,36 %) erstgeimpft, davon haben 4.372 (0,70 %) einen vollständigen Impfschutz aufgebaut. 22.758 Burschen (3,44 %) in der Altersgruppe haben mindestens eine Corona-Schutzimpfung erhalten, davon haben 4.626 (0,70 %) nun einen vollständigen Impfschutz.

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