Schwacher Impfschutz: Grippewelle baut sich bis Weihnachten weiter auf

Eine kranke Frau liegt im Bett.
Das Influenzavirus grassiert in ganz Österreich. Schon jetzt haben sich mehr Menschen gegen Influenza impfen lassen als in der vergangenen Saison. Warum wir heuer dennoch mehr Ansteckungen erleben könnten.

Von einer „beispiellosen“ Grippe-Welle sprechen Vertreter der Gesundheitsbehörden in Großbritannien. Das Gesundheitssystem sehe sich mit der „größten Herausforderung seit der Corona-Pandemie“ konfrontiert.  In Österreich teilte  am Dienstag das Zentrum für Virologie der MedUni Wien den Beginn der Grippewelle mit. 

Auf der Website des Zentrums sind alle Bundesländer rot eingefärbt: epidemische Virusaktivität in ganz Österreich.  Auch die Daten der  Med-Uni Innsbruck zeigen: Insbesondere Nachweise der K-Variante, eine mutierte Variante des Influenza-Subtyps A(H3N2), sind sprunghaft angestiegen.

K-Variante dominiert das Geschehen

"Wir sehen, dass diese H3N2-Subklade das Geschehen dominiert", sagt Gisa Gerold, Leiterin des Instituts für Virologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Ob die Grippesaison dadurch auch in Österreich heftiger ausfallen wird, lässt sich noch nicht vorhersagen. 

"Ob wir insgesamt mehr Fälle sehen werden, ist unklar", präzisiert Infektionsimmunologin Janine Kimpel von der Med Uni Innsbruck. "Es gibt momentan keine Anzeichen dafür, dass die K-Variante pathogener ist, sprich, zu schwereren Verläufen führt. Allerdings ist die Datenlage dazu auch noch dünn."

Die Wirkung der verfügbaren Impfstoffe könnte gegenüber der Variante reduziert sein. "Aber sie schützen immer noch sehr gut gegen schwere Erkrankungen und sind daher für alle Menschen ab sechs Monaten von Vorteil, insbesondere für Risikopersonen wie ältere und vorerkrankte Menschen, Schwangere und Kinder", betont Kimpel.

Zu einer verschärften Grippe-Saison könnte die Tatsache beitragen, dass das Infektionsgeschehen in den vergangenen zwei Jahren eher moderat ausgefallen ist. "Auf einige schwache Saisonen folgt meist eine stärkere, weil vor allem viele sehr kleine Kinder noch keinen Kontakt mit dem Virus hatten und somit im Krankheitsfall das Virus in höherem Maß und auch länger ausscheiden", sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien.

Entwicklung der Fallzahlen über die Weihnachtsfeiertage

Kinder gelten allgemein als Motoren der Influenza-Ausbreitung. Die bevorstehenden Feiertage, an denen viele Familien in Innenräumen zusammenkommen, könnten das Infektionsgeschehen nochmals antreiben, schildert Kimpel: "Da der Start der Welle jetzt noch in die Schul- und Kindergartenzeit fällt, wird sich das Virus in den Einrichtungen verbreiten. Zu den Ferien hin bringen die Kinder das Virus möglicherweise mit nach Hause."

Allerdings sei die Entwicklung der Fallzahlen über die Weihnachtsfeiertage schwierig zu beurteilen, sagt Redlberger-Fritz. "Die Menschen gehen seltener zum Arzt, viele Praxen haben geschlossen, weswegen die Dunkelziffer in diesen Tagen hoch ist. Wir werden erst Anfang Jänner das tatsächliche Ausmaß der Fallzahlen abschätzen können."

In den Spitälern liegen zunehmend Menschen mit Grippe

Die Zunahme der Influenzavirusaktivität im ganzen Land, die sich im Vergleich zu den vorhergehenden Saisonen rund vier bis fünf Wochen früher eingestellt hat, spiegelt sich schon jetzt in den Krankenstandszahlen. Laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) waren vergangene Woche knapp 1.600 Personen wegen einer Grippe krankgemeldet. Zum Vergleich: 2024 waren es im selben Zeitraum 677 Personen. 

Laut dem SARI-Dashboard des Gesundheitsministeriums – es weist aus, wie viele Menschen mit schweren Atemwegserkrankungen sich hierzulande im Spital befinden – ist die Zahl der wegen einer Influenza im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten schon in der Woche davor deutlich angestiegen. Wurden Mitte November rund 20 Personen deswegen im Spital betreut, waren es Anfang Dezember bereits über 60.

In den Spitälern liegen also zunehmend Menschen mit Grippe, während jene mit Covid zurückgehen. "Dass die Wellen nicht zusammenfallen, ist letztlich eine gute Entwicklung", sagt Kimpel. Es sei günstig, "wenn sich nicht alle respiratorischen Erkrankungen gleichzeitig in den Spitälern bemerkbar machen". 

Wobei Kimpel betont, dass die Zahl der Covid-Fälle nach den Ferien und Feiertagen aufgrund von Reisetätigkeiten erneut leicht steigen könnte.

Grippe oder grippaler Infekt?

Die Grippe zeichnet sich durch einen plötzlichen, heftigen Krankheitsbeginn mit Fieber, Gliederschmerzen und Schlappheit aus. "Die Betroffenen sind mehrere Tage ans Bett gefesselt, während bei einer Erkältung zwar auch die Nase läuft, der Hals kratzt und man vielleicht hustet, aber man nicht derart außer Gefecht gesetzt ist", beschreibt Kimpel.

Einigermaßen praktisch: "Grippe-Infizierte sind vorwiegend dann ansteckend, wenn sie Symptome haben, und nicht, wie bei Covid-19, wenn man noch gar keine Beschwerden hat", erklärt Kimpel. Bei entsprechender Symptomatik sollte man zu Hause bleiben und insbesondere Risikopersonen meiden.

Sich im Krankheitsfall zu testen, etwa mit kombinierten Antigen-Schnelltests, sei für Risikogruppen ratsam. "Wenn man für die Gabe von antiviralen Medikamenten in Frage kommt, ist es wichtig, zu wissen, womit man sich angesteckt hat", führt Kimpel aus.

Laut den aktuellsten ÖGK-Daten wurden in der heurigen Impfsaison bereits mehr Grippe-Impfungen verabreicht als in der gesamten vergangenen Saison. Insgesamt liege man mit rund 180.000 Impfungen über dem Vorjahreswert.

Gerolds Botschaft an all jene, die vom Start der Grippewelle überrascht wurden: "Wenn man noch nicht geimpft ist, sollte man das jetzt noch dringend tun. Das ist die beste Maßnahme, um sich selbst und andere an den Weihnachtsfeiertagen bestmöglich zu schützen."

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