Gewalt im Kreißsaal: "Selber schuld, wenn dein Kind stirbt"

Gewalt im Kreißsaal: "Selber schuld, wenn dein Kind stirbt"
Beschimpfungen, Nähte ohne Betäubung, der umstrittene Kristeller-Griff: Jede dritte Frau erlebt Gewalt bei der Geburt. Eine Hebamme erzählt aus ihrem Alltag.

Eva Placzek wollte schon immer Hebamme werden. Doch in ihrem Traumberuf fühlte sie sich zunehmend wie eine Mittäterin in einem "unmenschlich gewordenen System". Welche Formen Gewalt in der Geburtshilfe annehmen kann, welche Folgen das für Frauen hat - und wie sie sich besser davor schützen können, erzählt die deutsche Hebamme und Autorin im KURIER-Interview.

KURIER: In Ihrem neuen Buch bezeichnen Sie sich als "Mittäterin". Wie kann man das verstehen?

Eva Placzek: Ich war Mittäterin an der geburtshilflichen Gewalt, die Frauen in den letzten Jahrzehnten zunehmend angetan wurde. Das Gefühl der Mittäterschaft wurde mir in der Ausbildung aufgedrängt, aber ich habe es auch selbst entwickelt, weil ich Teil des Systems war. Es gab einige schlimme Momente, in denen ich mir bewusst wurde, dass das, was hier passiert, nicht in Ordnung ist und eigentlich gestoppt werden müsste.

Welche Momente waren das? Wie äußert sich Gewalt während der Geburt?

Das kann ganz unterschiedlich sein. Verbale Gewalt kann zum Beispiel Beleidigungen oder Anschreien sein, aber es gibt natürlich auch körperliche Gewalt, zum Beispiel Medikamentengabe ohne Einwilligung, Festhalten, Kristeller-Handgriff (umstrittene Methode zur Beschleunigung einer Kopfgeburt, Anm.), Nähen von Geburtsverletzungen ohne Betäubung oder unangekündigte vaginale Untersuchungen.

Wie kann es so weit kommen?

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