Männer und Frauen haben bei Lungenerkrankungen unterschiedliche Symptome
Lungenerkrankungen zeigen bei Frauen oft andere Symptome und Verläufe als bei Männern. Belege dazu gibt es bei Asthma und COPD ebenso wie bei Lungenhochdruck. Den geschlechtsspezifischen Unterschieden sollte daher von Medizin und Forschung mehr Beachtung geschenkt werden, betonten österreichische Lungenfachärzte (Pneumologen) im Vorfeld ihrer ÖGP-Jahrestagung, die ab dem 23. Oktober im Messecongress Graz stattfinden wird.
Die Tiroler Pneumologin und ÖGP-Generalsekretärin Judith Löffler-Ragg wies am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz auf die Wichtigkeit der Erforschung des "kleinen Unterschieds mit oft großer Wirkung" hin: Noch immer werde zu wenig beachtet, dass sich sowohl das biologische Geschlecht samt Anatomie und Physiologie wie auch die psychologische und soziale Ausrichtung auf Gesundheit und Krankheit auswirken.
Hormone beeinflussen Asthma bei Frauen
"Asthma tritt bei Frauen häufig auf und ist durch die hormonellen Lebensphasen - Pubertät, Schwangerschaft und Menopause - beeinflusst", so die Medizinerin. Spezifische Arbeitsbedingungen von Frauen können sich ebenso auf die Lunge auswirken, schilderte die Medizinerin. Beiderlei könne Folgen für die Lungengesundheit haben. "Es ist in der Tat so, dass wir einen breiteren Blick auf Erkrankungen bekommen, wenn wir diese Aspekte berücksichtigen", betonte die Lungen-Expertin.
Die Leitende Oberärztin der Ambulanz für Pneumologie am Uni-Klinikum Innsbruck erinnerte daran, dass in den vergangenen Jahrzehnten bei Studien nicht immer Geschlecht und Gender beachtet worden seien: Frauen waren in den Studien häufig unterrepräsentiert und die bei Männern erhobenen Ergebnisse wurden auf Patientinnen extrapoliert. "Wie Medikamente in welche Dosierungen bei Frauen wirken, blieb weitgehend unberücksichtigt", so Löffler-Ragg.
➤ Mehr lesen: Neue Forschungen: Diese Sportarten helfen bei Asthma
Nicht nur ältere, rauchende Männer sind von COPD betroffen
Nicht nur in der Therapie sondern auch der Diagnostik gebe es noch Aufholbedarf an Wissen bezüglich der geschlechtsspezifischen Aspekte. Etwa bei COPD: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung wird in der Regel mit älteren, rauchenden Männern assoziiert. Es sind jedoch beide Geschlechter von dieser schweren Lungenerkrankung betroffen. "Während Männer husten, zeigen Frauen Müdigkeit und Erschöpfung", sagte Löffler-Ragg. Durch den typischen Husten werden Männer aber schneller diagnostiziert.
Die Medizinerin führte weitere Unterschiede, die im Bezug auf die Lunge an, die bereits bekannt sind. Wenn Frauen und Männer gleich starke Aktiv- oder Passivraucher sind, ist die Lungenfunktion bei Frauen deutlicher beeinträchtigt. Und der präkapilläre Lungenhochdruck findet sich bei Frauen häufiger, verläuft bei Männern aber schlechter. Schließlich gibt es Lungenerkrankungen, die nahezu nur bei Frauen auftreten wie etwa die Lymphangioleiomyomatose.
➤ Mehr lesen: Was der Klimawandel mit Asthma-kranken Kindern zu tun hat
Die ÖGP will die geschlechterspezifischen Forschung und Awareness vorantreiben. Am kommenden Kongress (23. bis 25. Oktober in Graz) wird es erstmals eine eigene Sitzungen zu diesem Thema geben - und es werden zwei frauen- bzw. genderspezifische Auszeichnungen vergeben, wurde angekündigt.
Österreichisches Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm soll installiert werden
Die Jahrestagung unter dem Motto "Lunge am Limit" wird gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie veranstaltet. U. a. will man Studien zur Wirksamkeit neuer Medikamente gegen Lungenhochdruck vorstellen und diskutieren, berichtete Tagungspräsident Gabor Kovacs von der Universitätsklinik für Innere Medizin der Med Uni Graz.
Hot-Topic werden auch die Herausforderungen zur Installation eines österreichischen Lungenkrebs-Früherkennungsprogramms sein. Bernd Lamprecht, Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie am Kepler Uniklinikum Linz erläuterte die Problematik: "Während bei frühzeitiger Diagnose und Therapie die 5-Jahres-Überlebensrate rund 90 Prozent erreichen kann, haben wir bei späterem Erkennen nur eingeschränkte Behandlungsoptionen". Der springende Punkt sei, dass aufgrund der fehlenden eindeutigen Symptomatik in Österreich nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome im Frühstadium entdeckt werden, "die Hälfte im weit fortgeschrittenen Stadium", schilderte der Mediziner.
Dass Lungenkrebs-Screening mittels Niedrigdosis-CT zu einer Senkung der Sterblichkeit führen können, würden etwa die Daten aus den Niederlanden belegen. Dort sei damit in einem Zeitraum von zehn Jahren die Lungenkrebs-Sterblichkeit um bis zu 20 Prozent gesenkt worden. Bei Frauen war der Nutzen einer solchen Vorsorgeuntersuchung mit einer Reduktion von 40 bis 60 Prozent der Sterblichkeit sogar noch deutlicher.
Ziel der ÖGP sei es daher, "in den nächsten Jahren eine Verbesserung der Früherkennung zu erreichen", so ÖGP-Vizepräsident Lamprecht. Als Zielgruppe des Screening seien über 50-Jährige, die über lange Zeit geraucht oder vor weniger als zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört hätten. "Wir bieten an, unter Einbindung aller beteiligten Fachdisziplinen einen Plan zu erarbeiten, wie ein Programm bestmöglich an österreichische Strukturen angepasst werden kann". Das sollte aber laut dem ÖGP eine vom Gesundheitsministerium beauftragte Aktion sein, "damit nicht parallele Aktivitäten starten", wie es Lamprecht formulierte.
Kommentare