„Frauen haben aufgrund physiologischer Gegebenheiten ein höheres Chronifizierungsrisiko als Männer“, sagt ÖSG-Präsident Wilhelm Eisner, Neurochirurg an der MedUni Innsbruck. Er fordert daher, chronischen Schmerz als eigenes Krankheitsbild zu sehen und nicht als Symptom, „das irgendwo dazugezählt wird“.
Geringe Schmerzschwelle
Tatsächlich wurden mittlerweile viele Klischees durch die moderne Wissenschaft durchleuchtet und in den richtigen Kontext gerückt. Etwa, was das Schmerzempfinden von Frauen betrifft. „Im Gegensatz zu Männern ist ihre Schmerzschwelle geringer, ebenso die Fähigkeit zur körpereigenen Schmerzhemmung, da bei Frauen spezielle Nervenfasern schmerzempfindlicher sind“, erklärt Stromer. Die Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem scheint bei Frauen sensibler zu sein. Hier spielen unter anderem Hormone eine nicht unwesentliche Rolle. „Testosteron hemmt Schmerzen. Da haben Männer Glück.“ Dazu kommen neueste Forschungen, die darauf hinweisen, dass die Schmerzverarbeitung im Gehirn bei Frauen generell sensibler ist als bei Männern.
Die physiologischen und genetischen Unterschiede zeigen sich bis zur Wirksamkeit von Medikamenten – was besonders für individuell zugeschnittene Schmerztherapien wichtig ist. Stromer beschreibt dies am Beispiel von Opioiden. „Da Frauen mehr Fettgewebe als Männer haben, verbleiben Opioide länger dort und werden langsamer ausgeschüttet.“
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Auch Hormone beeinflussen übrigens die Opioide, Östrogen etwa die Empfindlichkeit der Opioidrezeptoren im Körper. „Dadurch wirken sie bei gleicher Dosis zwei- bis dreimal stärker. Und Frauen neigen bei diesen Medikamenten häufiger zu Übelkeit“, sagt Stromer. Dies sei in die Auswahl der Arzneien miteinzubeziehen.
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