Vorzeitige Menopause: "Zustände betroffener Frauen werden oft bagatellisiert"

Ein früher Wechsel kann emotional belasten.
Wenn die letzte Regelblutung schon vor dem 40. Geburtstag auftritt, spricht man von der vorzeitigen Menopause. "Das betrifft maximal ein Prozent der Frauen", erklärt die Wiener Gynäkologin Doris Gruber. Eine von tausend Frauen wird sogar unter 30 vom Klimakterium überrascht. "Durch das frühzeitige Versagen der Eierstöcke kommen betroffene Frauen deutlich früher in den Wechsel", erklärt die Expertin für gynäkologische Endokrinologie.
Oft gehen einer frühzeitigen Menopause Erkrankungen voraus, welche die Eierstöcke befallen.
Pandemie führte zu Zyklusunregelmäßigkeiten
"Müssen in der Folge die Eierstöcke entfernt werden, kommen die Frauen automatisch in den Wechsel", schildert Gruber. Auch bei Krebserkrankungen, die eine Chemotherapie erfordern, können die Eierstöcke leiden. "Hier kann man vorbeugen, indem man Eizellen konserviert und reimplantiert, um nach Therapieende die Produktion der Hormone weiter zu gewährleisten."
Auffällig sei, dass es während der Corona-Pandemie vermehrt zu Zyklusunregelmäßigkeiten, dem Ausbleiben der Periode und in Einzelfällen auch einem frühen Eintritt in die Wechseljahre gekommen sei, schildert Gruber: "Ich kenne einigen Fälle aus meiner eigenen Praxis und weiß auch von Kolleginnen und Kollegen, dass hier Zusammenhänge mit Corona-Infektionen und multiplen Covid-Impfungen beobachtet wurden."
Langer Weg zur Therapie
Manchmal tritt eine frühzeitige Menopause ohne zugrunde liegende Krankheit auf. "Die jungen Frauen bemerken plötzlich, dass etwas mit ihrem Zyklus nicht stimmt, die Blutung nicht eintritt, sie schlechter schlafen, sich nicht mehr wohl im Körper fühlen – die klassische Palette menopausaler Beschwerden, nur eben viel zu früh", erläutert Gruber.
Im ärztlichen Kontakt werden die Frauen oft nicht ernstgenommen. "Ihre Zustände werden bagatellisiert, eine Verbindung zur Menopause als unmöglich abgetan." Entsprechend lang sei der Weg zur Behandlung. "Das A und O ist die Bestimmung des Hormonstatus, der eine klare Sprache spricht", betont Gruber. Hat man Klarheit über die Diagnose, kann eine Hormonersatztherapie eingeleitet werden, mit der ein "weitgehend normales Leben gewährleistet werden kann".
Psychische Folgen
Kürzlich machten niederländische Forschende auf die tiefgreifenden psychologischen Folgen des frühen Wechsels aufmerksam: Demnach leidet ein Drittel der betroffenen Frauen an depressiven Symptomen. Schwere Wechsel-Beschwerden, eine fruchtbarkeitsbedingte Trauer und das Fehlen emotionaler Unterstützung erwiesen sich als Risikofaktoren. Keine signifikanten Unterschiede bei den depressiven Symptomen herrschten zwischen Frauen, die eine Hormonersatztherapie durchführen und jenen, die darauf verzichten.
Naheliegend ist, dass das Ende der Fruchtbarkeit für viele ein Thema ist. "Viele stürzt die Diagnose in eine veritable Krise, was nachvollziehbar ist. Allerdings gibt es in der Reproduktionsmedizin Mittel und Wege, um den Kinderwunsch zu realisieren", sagt Gruber. Die Chancen dafür stünden in vielen Fällen gut, da die Gebärmutter anfangs noch nicht so stark unter der Menopause leidet und die Einnistung eines Embryos gut möglich ist.
Aufklärung über den weiblichen Zyklus
Meist begleitet die Hormontherapie betroffene Frauen ein Leben lang. Gruber: "Ist die Frau im numerischen Menopausealter angekommen, nimmt man meist eine Anpassung der Dosierung vor und führt die Therapie auf kleiner Flamme weiter."
Mädchen kommen inzwischen wegen des besseren Gesundheitsstatus früher in die Pubertät. Dass damit auch die Wechseljahre früher einsetzen, glaubt Gruber nicht.
Viele wissen heute jedenfalls besser über ihren Zyklus Bescheid, bemerken Auffälligkeiten früher. "Informierte Frauen sind immer ein Vorteil", sagt Gruber, die sich wünscht, dass in Aufklärungsgesprächen der gesunde Zyklus eine noch größere Rolle spielt. "Das Zyklusgeschehen dominiert uns Frauen. Es ist wichtig, dass wir darüber im Bilde sind."
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