Weglassen oder doch nicht: Wie (un)gesund ist das Frühstück?
Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König, Abendessen wie ein Bettler – was ist dran, an dem bekannten Sprichwort, in dem das Frühstück als die wichtigste Mahlzeit des Tages gepriesen wird? Nicht viel, meint Ernährungswissenschafterin Katharina Bruner. "Allgemein lässt sich das so nicht sagen - was für den einen gilt, ist für den anderen nicht so wichtig. Welche Bedeutung das Frühstück hat, hängt vor allem von der Chronobiologie ab“, sagt Bruner.
Chronobiologie meint den individuellen Biorhythmus, ob man also eher ein Morgenmensch, eine "Lerche", oder eher ein Abend- und Nachtmensch, eine "Eule" ist. Diese "innere Uhr", die auch weniger eindeutig zwischen den beiden Extremformen Eule und Lerche ausgeprägt sein kann, bestimmt, wie leicht es uns fällt, in der Früh aufzustehen, ob man eher morgens oder abends leistungsfähiger ist – und mit ihr hängt auch zusammen, wie sehr der Blutzuckerspiegel durch die morgendliche Mahlzeit ansteigt. Bruner: "Es gibt Hinweise darauf, dass für Morgenmenschen das Frühstück meist wichtiger ist, bei ihnen führt es nicht zu einem so starken Blutzuckeranstieg wie bei Abendmenschen, für die das Frühstück meist keine große Rolle spielt. In der Ernährungsberatung schaue ich meist, wie es jemandem mit seinen Routinen geht – wer es gar nicht gewohnt ist zu frühstücken, dem würde ich das Frühstück nicht aufzwingen."
Das Frühstück als Streitpunkt in der Wissenschaft
In der Wissenschaft bestand lange Uneinigkeit darüber, ob es das Frühstück braucht oder nicht. Während die einen meinten, der Blutzuckerspiegel werde durch die frühe Mahlzeit in die Höhe getrieben und würde Übergewicht fördern, vertraten die anderen die Meinung, frühstückende Menschen leben gesünder, leiden seltener an Übergewicht und Diabetes. Wissenschaftliche Studien dazu gibt es viele, eindeutige Antwort auf den Streit der beiden Lager geben sie aber nicht. Vielmehr geht man heute davon aus, dass es individuelle Unterschiede gibt, die eben mit der Chronobiologie, ob man also Eule oder Lerche ist, zusammenhängen.
Evolutionsbiologisch bräuchte es das Frühstück nicht unbedingt – der Urmensch hatte morgens ausreichend Energie, um sich erst einmal auf die Jagd zu machen. Bis heute ist der Blutzuckerspiegel bei den meisten Menschen nach dem Aufwachen ausreichend hoch, um den Tagesbeginn ohne Mahlzeit bewältigen zu können. Wer kein Frühstück braucht, müsse sich also auch nicht dazu überwinden.
Chronobiologie
Ob man eher Nacht- oder Morgenmensch ist, lässt sich über die Schlafmitte feststellen – das ist der Mittelpunkt der Zeitspanne, die man an freien Tagen ungestört schläft – bei acht Stunden Schlaf zwischen 23.00 bis 7 Uhr Früh liegt die Schlafmitte bei 3 Uhr.
Als Morgenmensch gilt, wessen Schlafmitte bei 2 Uhr oder früher liegt.
Bei Nachteulen liegt die Schlafmitte bei 5.30 Uhr oder später.
Wessen Schlafmitte zwischen 2.30 und 4.30 Uhr liegt, gilt als Normaltyp ("Taube") – das sind etwa 60 Prozent der Bevölkerung.
Frühstück
Unabhängig davon, ob man eher Eule, Lerche oder Taube ist, ist es wichtig, Routinen im Schlaf-Wach-Rhythmus einzuhalten. Sie signalisieren dem Körper, wann Leistungsfähigkeit gefordert ist. Direkt nach dem Aufstehen kann ein Kaffee oder Tee für Eulen ein ausreichender Anstoß für den Start in den Tag sein, ein zweites, etwas größeres Frühstück kann dann später am Tag folgen.
Kinder und Jugendliche brauchen das Frühstück
Anders ist das für Kinder und Jugendliche, darüber ist sich auch die Wissenschaft einig. Langzeitstudien belegen, dass Menschen, die in ihrer Jugend nicht oder kaum gefrühstückt haben, später häufiger übergewichtig waren, einen erhöhten Blutzuckerspiegel aufwiesen und damit ein höheres Risiko für Typ-2-Diabetes haben. "Gerade Jugendliche lassen das Frühstück oft weg, weil jede Minute länger im Bett für sie sehr wichtig ist. Man weiß aber, dass ihre Energiespeicher anders als bei Erwachsenen morgens weniger gefüllt sind und es für ihre Leistungsfähigkeit in der Schule wichtig ist, zu frühstücken und vor allem auch etwas zu trinken", betont Bruner. Und auch Erwachsene sollten – ob Frühstück oder nicht – morgens nicht auf Flüssigkeit verzichten. Auch bei ihnen ist die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit eingeschränkt, wenn sie nichts trinken.
Für den Großteil der Österreicher ist das Frühstück jedenfalls wichtig, wie eine Umfrage von marketagent zeigt: 90 Prozent der Befragten gaben an, zumindest gelegentlich zu frühstücken. Für jeden Zweiten ist das Frühstück die bedeutsamste Mahlzeit des Tages. Nur jeder Zehnte lässt es ganz weg.
Und was soll auf den Teller? Ernährungsexpertin Bruner empfiehlt eine Vollkorn- und eine Eiweißquelle kombiniert mit Obst oder Gemüse. "Das kann ein Vollkornbrot mit Frischkäse und Radieschen sein, ein weiches Ei mit Kornspitz und Tomaten oder ein Porridge mit Früchten", rät sie.
Wer nicht frühstücke, solle jedenfalls auf seine Nährstoffzufuhr achten, und spätestens zu Mittag eine gesunde Mahlzeit essen. Denn: Lässt man Mahlzeiten aus, berge das immer das Risiko, in Summe zu wenig Nährstoffe aufzunehmen. Der Kaffee mit Milch in der Früh reicht nicht aus, um den Bedarf zu decken, und sollte im Lauf des Tages um weitere Nährstoffe ergänzt werden. "Weniger Mahlzeiten heißt oft auch weniger Lebensmittelauswahl. Und je länger der Tag dauert, desto schwieriger ist es oft, auf die Ernährung zu achten", so Bruner.
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