Faktencheck: Sind Kinder an der Corona-Impfung gestorben?

Faktencheck: Sind Kinder an der Corona-Impfung gestorben?
Im Internet kursieren auch Gerüchte über Nebenwirkungen der Impfung auf Kinder. Was kann daran stimmen?

In der allgemeinen Diskussion um Corona-Impfungen kommen auch immer wieder Informationen über Kinder vor. Die APA hat nun einen Fakten-Check dazu durchgeführt.

Nach wie vor verweisen Impfkritiker regelmäßig auf Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit Corona-Impfungen aufgetreten seien. Derzeit heißt es etwa in einem Artikel von "Report 24", der in Sozialen Medien viel verbreitet wird, dass die EMA-Datenbank darauf hinweisen würde, dass bereits Kinder ab dem Alter von einem Jahr geimpft worden seien. Zudem gebe es schon mehrere tote Kinder nach Corona-Impfungen. Der Impfstoff könne über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben werden, was zu schweren Nebenwirkungen führen könne.

Zu überprüfende Informationen: 1) Kinder werden gegen Covid-19 geimpft. 2) Es gibt bereits mehrere tote Kinder nach Impfungen. 3) Der Impfstoff wird über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben. Das kann zu schweren Nebenwirkungen führen.

Einschätzung: Laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) fließen in ihre Datenbank auch vermutete Impf-Nebenwirkungen von "off label"-Anwendungen ein. Darunter fallen Impfungen bei Kindern. Prinzipiell werden Kinder aber noch nicht gegen das Coronavirus geimpft. Über Kausalität sagen die Eintragungen in der Datenbank nichts aus. Es gibt keine Belege dafür, dass Impfstoffe über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben werden.

Zunächst gilt, dass die Datenbank EudraVigilance der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nur gemeldete Verdachtsfälle von Impf-Nebenwirkungen anführt, wie sich auf deren Webseite nachlesen lässt. Nationale Arzneimittel-Regulierungsbehörden und Zulassungsinhaber melden diese Verdachtsfälle. Mit anderen Worten werden in dieser Datenbank Symptome gesammelt, die nach der Einnahme oder Anwendung eines Arzneimittels beobachtet wurden (Q & A dazu hier).

Sie müssen jedoch mit dem Arzneimittel nicht unbedingt in Zusammenhang stehen oder von ihm ausgelöst worden sein. Auch andere Faktoren können die Symptome auslösen. Schlussfolgerungen über Nutzen oder Risiken eines Arzneimittels können daher auf Basis dieser Datenbank nicht getroffen werden. Auch kann die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Nebenwirkung auftritt, nicht abgeschätzt werden. Das bestätigte auch eine Pressesprecherin der EMA der APA für einen früheren Faktencheck.

Die Covid-19-Impfstoffe von AstraZeneca, Moderna und Johnson & Johnson sind derzeit nur für über 18-Jährige zugelassen, jener von BioNTech/Pfizer für über 16-Jährige. Prinzipiell werden also keine dieser Impfstoffe an Kinder verabreicht. Dass bei der EMA-Datenbank trotzdem vermutete Nebenwirkungen bei Kindern aufscheinen, hat laut der EMA-Pressesprecherin folgenden Grund:

Vermutete Nebenwirkungen würden der EMA von allen Verwendungen der Arzneimittel gemeldet und nicht nur von jenen, die im Einklang mit den Empfehlungen der Arzneimittelzulassung in Europa stünden. Es könnten also weltweit Konsumenten und medizinisches Fachpersonal der EMA Fälle von vermuteten Impfnebenwirkungen von Covid-19-Impfstoffen melden, bei denen die Impfstoffe "off label" an Kinder verabreicht worden waren, sagte die Sprecherin der APA auf Anfrage.

Eine "off label"-Verwendung von Arzneimitteln bedeutet, dass ein an sich zugelassenes Arzneimittel auf eine nicht genehmigte Art und Weise verwendet wird - beispielsweise eben in Altersgruppen angewandt wird, für die es noch nicht freigegeben ist. Von offizieller Seite werden Kindern bis die Studienlage nicht abschließend geklärt ist aber keine Covid-19-Impfstoffe verabreicht, geht etwa aus den EMA-Webseiten der vier Impfstoffe hervor.

Einige der gemeldeten Verdachtsfälle würden sich auf Eltern-Kind-Berichte beziehen, so die Sprecherin. Also beispielsweise auf Situationen, in denen eine stillende Frau einen Covid-19-Impfstoff erhalten habe und über vermutete Reaktionen, die an ihrem Baby aufgetreten seien, berichtete. Dies solle aber "nicht als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Impfstoffe über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben werden können", erklärt die Sprecherin.

Auf Basis der EMA-Datenbank lässt sich nicht gesichert feststellen, ob unter 18-Jährige in zeitlichem Zusammenhang zu einer Covid-19-Impfung verstarben. Über eine Kausalität sagen etwaige Eintragungen ohnehin nichts aus, wie die EMA-Sprecherin bestätigte. Einige der im Artikel angeführten Fälle scheinen in der EMA-Datenbank nicht auf. Das kann daran liegen, dass sich Fallzahlen auch verringern können, beispielsweise weil neue Informationen zu einem Fall vorliegen. Bei den Daten handelt es sich eben um eine "lebende" Datenbank.

Was empfehlen Experten und Behörden?

Zumindest BioNTech/Pfizer führte in der Vergangenheit bereits Covid-19-Impfstudien mit 12 bis 15-jährigen Kindern durch, berichtete das wissenschaftliche Journal "Nature". Die Kinder hatten die Impfung demnach gut vertragen. Derzeit finden Impfstoff-Studien mit Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahren von BioNTech/Pfizer (17) statt. Der Impfstoffhersteller beantragte bei der EMA die Zulassung ihres Corona-Vakzins für Kinder zwischen 12 und 15 Jahren.

Im Zusammenhang mit Studien aufgetretene vermutete Nebenwirkungen fließen vermutlich nicht in die EMA-Datenbank hinein, geht aus der Mail der Sprecherin hervor. In der Datenbank seien nur sogenannte Spontanmeldungen verfügbar. Spontanmeldungen werden laut EMA-Webseite offenbar von klinischen Studien unterschieden. Spontanmeldungen sind "Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen, die bei einzelnen Patienten außerhalb von klinischen Studien auftreten", heißt es auch in einem Leitfaden der EMA.

Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt die Coronavirus-Impfung für Schwangere, berichtete u.a. der ORF (21). Tierexperimentelle Studien lassen laut dem Impfgremium nicht auf schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, Entwicklung des Babys oder Geburt schließen. Bezüglich des Stillens heißt es in der Empfehlung: "Es ist nicht zu erwarten, dass mRNA-Impfstoffe oder Bestandteile desselben in die Muttermilch übertreten und sich daraus irgendein theoretisches Risiko ableiten ließe. (...) Dies ist auch bei Vektorimpfstoffen nicht zu erwarten."

Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) schreibt in ihrer Stellungnahme von 25. März 2021, dass aufgrund der durchgeführten Studien zum jetzigen Zeitpunkt keine definitive Aussage über die Sicherheit der Anwendung der Impfung während der Schwangerschaft sowie Stillzeit getroffen werden könne. Stillenden Frauen könne die Impfung jedoch empfohlen werden: "Durch die Impfung gebildete Antikörper gegen eine Infektion mit SARS- CoV2, welche durch die Muttermilch auf das Neugeborene übertragen werden, sind als potentiell schützend anzusehen."

Kommentare