Experte: Zweite Infektionswelle nicht sofort erkennbar
Neue Berechnungen österreichischer Covid-19-Simulationsmodellen zeigen, wie sich die Verbreitung bisher entwickelt hat.
Dabei fanden die Wissenschafter heraus, dass die Anzahl der Virusträger, die keine Symptome entwickeln, schon deutlich früher am Höhepunkt angekommen war als bisher gedacht. Im Umkehrschluss mache dieser Umstand das rasche Erkennen einer zweiten Krankheitswelle schwer.
Die Modellrechnungen sind eine gemeinschaftliche Arbeit von Simulationsexperten von der Technischen Universität (TU) Wien und vom TU Wien-Spin-off dwh um Niki Popper, sowie Kollegen von der Medizinischen Universität Wien, dem Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Gesundheit Österreich GmbH, die sich zu einem "COVID Prognose Konsortium" zusammengetan haben.
Anhand der etwa durch neue Erkenntnisse zur Dunkelziffer ergänzten Daten schauten die Forscher nun einige Wochen zurück, heißt es am Montag in einer Aussendung der TU Wien.
Dabei legten sie ihr Augenmerk besonders auf die zeitversetzt einsetzenden verschiedenen Phasen der Erkrankung von der Inkubationszeit, über die Zeitspanne mit ersten Symptomen, die Testung mit positivem Ausgang mit Heimquarantäne, bis zum etwaigen Krankenhausaufenthalt mit oder ohne Intensivbetreuung.
Überdies berücksichtigten sie Schätzungen und vorhandene Daten zu Personen, die nie auf SARS-CoV-2 getestet wurden, weil sie einen weitgehend symptomfreien, asymptomatischen Verlauf zeigten, Menschen aber trotzdem anstecken können. Dabei gingen sie davon aus, dass rund die Hälfte der tatsächlichen Träger in diese Gruppe fällt.
Unter dieser Annahme kamen große Unterschiede zutage. Während nämlich die Anzahl der bestätigten Covid-19-Fälle in Österreich bekanntlich Anfang April ihren Höhepunkt ("Peak") erreichte, war es den Experten zufolge bei den asymptomatischen Verläufen schon deutlich früher so weit: In dem Modell wurde in dieser Gruppe der Peak bereits um den 21. März erreicht.
Die Simulationen würden also zeigen, "dass wir den Höhepunkt der Krankheitszahlen der vergangenen Welle schon länger hinter uns haben, als die offiziellen Zahlen zeigen", so Popper.
Umgelegt auf die Zukunft "mahnt uns das allerdings auch zur Vorsicht. Sollte aufgrund der Lockerung von Maßnahmen die Zahl der Infektionen wieder ansteigen, wird es nämlich wieder genau dieselbe Zeitverzögerung geben. Das heißt, wir können den Anstieg in den Tests erst dann bemerken, wenn die wahre Zahl der Infektionen in der Bevölkerung bereits deutlich angestiegen ist", sagte der Simulationsexperte, der zur Vorsicht bei der Einführung einer vielfach als "neue Normalität" bezeichneten Situation mit weniger Beschränkungen rät.
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