Epidemiologe für gutes Monitoring bei "Spiel mit dem Feuer"

Epidemiologe für gutes Monitoring bei "Spiel mit dem Feuer"
Mediziner Gerald Gartlehner sieht die "Gefahr, dass uns das Ganze wieder entgleitet".

Als epidemiologisches "Spiel mit dem Feuer", bei dem sehr genau auf die weiteren Entwicklungen geachtet werden müsse, bezeichnet der Wissenschafter Gerald Gartlehner die angekündigten Öffnungsschritte der Covid-19-Maßnahmen der Bundesregierung. Dass nun etwa die SARS-CoV-2-Monitoringstudie an Schulen - die sogenannte "Gurgelstudie" - verschoben wurde, sei "absolut unverständlich". Insgesamt sei Österreich in der Pandemie vielfach immer noch im Blindflug unterwegs.

"Die Zahlen sind weiterhin hoch", so der Epidemiologe und Experte für Evidenzbasierte Medizin von der Donau-Universität Krems. Fast noch bedenklicher sei, dass der R-Wert noch immer nur knapp unter eins liege - also ein Infizierter verursacht im Schnitt einen weiteren Corona-Fall.

Steigt dieser Wert, geht die Situation in Richtung exponentieller Fallzahlentwicklung. "Die Gefahr, dass uns das Ganze wieder entgleitet und es wieder zu einem raschen Wachstum kommt, ist natürlich relativ groß", so Gartlehner. Hier brauche es dementsprechend genaues Beobachten der Entwicklungen nach den Öffnungen der Schulen und im Handel.

Lockdown brachte nicht gewünschten Effekte

Wenn man der Realität ins Auge blicke, müsse man aber festhalten, dass der Lockdown zuletzt nicht mehr die gewünschten Effekte gebracht hat. Es wäre stark zu befürchten gewesen, dass noch größere Teile der Bevölkerung nicht mehr mitmachen, so der Wissenschafter.

Jetzt gehe es darum, mehr oder weniger "alles besser zu machen", als das in der Vergangenheit der Fall war. Hier brauche es die regelmäßigen und möglichst breiten Tests, den starken Fokus auf das Impfen und eine effizientere Kontaktnachverfolgung. "Wenn das gut klappt, besteht vielleicht die Chance, dass wir uns in die wärmere Jahreszeit retten", sagte Gartlehner.

Monitoring an Schulen

Daher sollte die Entwicklung vor allem auch an den Schulen besonders genau beobachtet werden. Für "absolut unverständlich" hält Gartlehner daher die Verschiebung der Gurgelstudie. Der nächste Durchlauf der österreichweiten Erhebung (anhand einer repräsentativen Stichprobe) wurde seitens des Bildungsministeriums auf März verschoben: "Das wäre das ideale Begleitinstrument gewesen." Dass die Schulen nun wieder bald öffnen, sei aber jedenfalls notwendig, um die Kollateralschäden im Bildungsbereich halbwegs gering zu halten.

Die Verpflichtung zum Testen für die Teilnahme am Präsenzunterricht sei gut. Auch wenn die "Nasenbohrertests" nicht die Genauesten sind, seien "auch vielleicht nicht optimale Tests besser als nichts - wenn sie regelmäßig gemacht werden", sagte Gartlehner. Umso wichtiger wäre es daher, dass sie wissenschaftlich begleitet würden.

"Fischen immer noch im Trüben"

Leider ziehe sich dies durch die gesamte Pandemie in Österreich: "Einer der großen Vorwürfe, die man der Regierung machen muss, ist, dass wir immer noch im Trüben fischen, weil man nie genau weiß, was im österreichischen Kontext jetzt gut wirkt und was nicht." Hier fehlten vielfach einfach Daten, weil sie nicht erhoben werden. Gartlehner: "Das ist extrem frustrierend."

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