Fencheltee enthält krebserregendes Estragol
Grund für die neue Empfehlung sind neue Untersuchungen, wonach Tierversuche starke Hinweise dafür gezeigt haben, dass das in süßem Fenchel enthaltende Estragol in sehr hohen Dosen insbesondere in der Leber die Entstehung von Krebs begünstigen kann. "Da der Estragol-Gehalt in den verschiedenen Teeangeboten stark schwankt, kann die Dosis in einigen Tees zu hoch für kleine Kinder sein“, erklärt Voitl, dessen Empfehlungen auch auf der Online-Plattform der ÖGKJ nachzulesen sind.
Die Schwankungsbreite bei den untersuchten Tees war dabei überraschend hoch: Der Gehalt von Estragol lag in einem weiten Bereich zwischen 78,0 µg/l und 4633,5 µg/l. Bei 60 Kilogramm Körpergewicht wären Höchstmengen von 385 Mikrogramm täglich möglich – ungefähr das Siebenfache der empfohlenen Menge. Allein das Ausdrücken des Teebeutels erhöht die Konzentration des Estragols schon deutlich.
Deshalb empfiehlt Voitl, wenn, dann nur zu apothekengeprüften Fencheltees zu greifen. "Man braucht sehr hohe Dosen, damit etwas passiert, aber die kann man rechnerisch schon erreichen", erklärt der Kinderarzt und warnt davor, dass "natürlich" nicht gleich bedeutet, dass etwas gesund ist. "Man isst ja auch keinen Knollenblätterpilz, nur weil er aus der Natur kommt."
➤ Mehr lesen: Babys: Neue Empfehlungen für Beikost und Appell gegen Quetschis
Was gegen Bauchweh hilft
Fencheltee hat besonders den Ruf, gegen Blähungen und Bauchweh bei Babys zu helfen. Ein Hauptgrund, warum er vor allem als Still- und Babytee verbreitet ist. "Es gibt allerdings überhaupt keinen Wirknachweis, dass es etwas bringt", betont Voitl. "Wenn ein Baby schreit, ist auch nicht immer Bauchweh das Problem. Oft sind es andere Interaktionsprobleme - es gibt viele Ursachen, warum ein Baby schreit und der Versucht, es mit Tee zu beruhigen, verschleiert nur die Grundproblematik."
Laut dem Experten könnten etwa Schlafstörungen, Getränkeintervalle oder organische Ursachen das Unbehagen beim Baby verursachen. Er rät dazu, sich in solchen Fällen vom Kinderarzt beraten zu lassen und nicht primär zu Tee zu greifen.
Wer bisher seinem Kind gerne Fencheltee verabreicht oder selbst gerne getrunken hat, brauche deswegen aber auch kein schlechtes Gewissen zu haben. "Man muss sich nicht fürchten und niemand soll ein schlechtes Gewissen haben", betont Voitl. "Fencheltee ist jetzt auch nicht verboten oder dergleichen. Man sollte nur so wenig wie möglich davon konsumieren und wenn, dann in pharmazeutischer Qualität."
➤ Mehr lesen: Jedes zweite Kind isst mindestens einmal pro Woche Fast Food
Estragol kommt auch in anderen Gewürzen vor
Estragol kommt zusätzlich noch in vielen Gewürzen vor, wie Anis, Basilikum, Sternanis, Piment, Muskatnuss, Lemongras, Estragon. Diese sollten der EMA zufolge nur gelegentlich in der Küche genutzt werden. „Viele oft verwendeten Kräuter sind sicher, wenn sie in moderaten Mengen konsumiert werden."
In Bezug auf Fenchel verweist die ÖGKJ zudem auf eine iranische Studie, wonach hormonähnliche Substanzen, sogenannte Phytoöstrogene, ebenso ein Bestandteil von Fenchel sind. Demnach haben Fenchelextrakte, die Mäuse in der Schwangerschaft und beim Säugen erhalten hatten, den Östrogen-Signalweg bei den Nachkommen beeinflusst und damit z.B. die Entwicklung der Eierstöcke.
Die iranischen Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss, dass aufgrund des hohen Phytoöstrogengehalts die Verwendung dieser Pflanze beim Menschen noch genauer untersucht werden sollte. Ein regelmäßiger Verzehr von Fencheltees kann zudem Ursache für eine vorzeitige Brustentwicklung sein oder die Pubertät bei jungen Mädchen beschleunigen, so eine aktuelle französische Publikation. Auch hier wird deshalb vor häufigem Konsum vor allem in hohen Dosen gewarnt.
Kommentare