Fachleute erklären: Vier Dinge, die jeder tun kann, um gut zu altern

Fachleute erklären: Vier Dinge, die jeder tun kann, um gut zu altern
Das neue Buch "Altern" der 81-jährigen Bestsellerautorin Elke Heidenreich macht Mut. Aber wie gelingt es, glücklich und gesund alt zu werden?

Altern: kein partytaugliches Smalltalk-Thema, aber unumgänglich. Bis zum Jahr 2050 werden in Österreich um eine Million mehr Menschen leben, die über 65 Jahre alt sind – im Vergleich zu 2021. Mit Sicht auf die "Silver Society" braucht es Visionen, Inspirationen und Mutmacher. So jemand ist die 81-jährige Bestseller-Autorin Elke Heidenreich, die in ihrem neuen Buch zum Thema (schlichter Titel: "Altern") entspannt und fröhlich ihren eigenen Alterungsprozess reflektiert: "Was macht das jetzt mit mir, das Alter? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur: Ich stelle mich ihm, ich verleugne es nicht, ich versuche nicht, jünger zu wirken, als ich bin. Und ich finde schon gar nicht, dass das Leben im Alter weniger wert ist", schreibt sie. 

Klingt erfrischend – so geht gutes Altern. Was dazu beiträgt und jeder Mensch tun kann, packte Thomas Dorner, Leiter der Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit in Wien für den KURIER in einen kompakten Schnellkurs. Wichtigste Botschaft: "Gesundes und gutes Altern beginnt bereits mit der Geburt und hört nie auf, das ganze Leben nicht."

Erhalt der Selbstständigkeit ist Erhalt der Lebensqualität

Wissenschaftlich abgesichert gibt es vier Dinge, die jeder Mensch tun kann (und auch sollte), um gut und gesund in und durch die späten Jahre zu kommen. An erster Stelle steht körperliche Aktivität. "Es ist gut abgesichert, dass diese Säule mit der besten Gesundheit, mit Erhalt der Selbstständigkeit, Lebensqualität und der Verhinderung von Krankheiten sowie der Reduktion der Mortalität einhergeht." Gemeint ist Bewegung in all ihren Facetten: sportliches Training genauso wie von A nach B zu kommen, per pedes, mit dem Rad, im Sinne einer alltäglichen Mobilität. "Für erwachsene Menschen wären das pro Woche mindestens 150 bis 300 Minuten körperliche ausdauerorientierte Aktivität, plus zwei Mal pro Woche muskelkräftigendes Training."

Bei Menschen 65+ kommen zwei weitere Empfehlungen dazu: Gleichgewichtstraining für die Sturzprävention und "Übungen, die die Flexibilität fördern, damit man sich etwa auch noch im hohen Alter die Socken selbst anziehen kann", so der Altersforscher. Je älter, desto individueller gestaltet sich das bewegte Leben: "Für jemanden weit über 80 kann das einfach bedeuten, dass er mit dem Rollator einkaufen geht." Oder man hat einen Hund, wie Elke Heidenreich: "Sport treibe ich inzwischen nicht mehr, sorge aber dafür, dass immer ein Hund da ist, mit dem ich zwei Stunden täglich spazieren gehe."

Dorner: "Die Lust, sich zu bewegen, sollte nie aufhören. Selbst hochbetagte Menschen, die noch nie in ihrem Leben Sport gemacht haben, können daran Freude finden. Wenn sie dann plötzlich mit Neunzig damit beginnen, haben sie den am schnellsten messbaren Vorteil."

Fachleute erklären: Vier Dinge, die jeder tun kann, um gut zu altern

Bestseller-Autorin Elke Heidenreich, 81

Berührung, Nähe, Zärtlichkeit

Zweite Säule: die Sinnhaftigkeit. "Sie ist in allen Konzepten zur Gesundheitsförderung verankert, dabei geht es um Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit. Dass ein Mensch etwas macht, worin er einen Sinn erkennen kann." Hier spielt der so wichtige Aspekt der Gratifikation hinein - "Belohnung", also: "Jeder Mensch gibt im Leben etwas her, zum Beispiel Zeit und Arbeit. Im Gegenzug dafür bekommt er mit etwas Glück etwas zurück:  eine gewisse Lohngerechtigkeit, soziales Prestige. Wenn die Ressourcen die Barrieren überwiegen, entwickelt sich Gesundheit, umgekehrt macht es krank."  

Säule Nummer drei: soziale Unterstützung, in Form eines "Sozialkapitals", sprich Netzwerke, Verbindungen. "Dazu zählt die Ebene des Mikro-Sozialkapitals, also Familie, Partnerschaft. Hier geht es um Berührung, Nähe, Zärtlichkeit, auch Sexualität – weniger im Sinne eines 'je mehr, desto besser', sondern der Qualität", sagt Dorner.  Beim Freundeskreis hingegen gilt: "je mehr Personen, an die ich mich wenden kann, desto besser." Doch auch die Makroebene des sozialen Kapitals ist spannend: "Das sind Leute, mit denen man sich verbunden fühlt, auch ohne persönlichen Kontakt. Durch gemeinsame Ideen, Werte, Vorstellungen. Hier wird die Frage berührt, wofür sich ein Mensch begeistern kann: Religion, Kunst und Kultur, Spiritualität oder die Natur, zum Beispiel."

Fachleute erklären: Vier Dinge, die jeder tun kann, um gut zu altern

Der Altersforscher Thomas Dorner

Letzte Säule: die Ernährung. "Für ältere Menschen gibt es aus meiner Sicht drei Empfehlungen, die wissenschaftlich gut abgesichert sind. Erstens: isokalorische Ernährung, also nicht mehr zu essen, als jemand Energie verbraucht, aber auch nicht weniger, wie es bei Älteren manchmal der Fall ist. Zweitens: Je bunter das Essen, desto besser – denn dann enthält es viel Obst und Gemüse, also viele Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe. Drittens: ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Viele ältere Menschen trinken zu wenig und wenn sie zu viel trinken, dann Ungesundes. Außerdem sollten ältere Menschen besonders darauf achten, eiweißreich zu essen."

Elke Heidenreich beschreibt es so: "Wenn man etwas tut, in Bewegung bleibt, sich vielleicht sozial engagiert, sein Leben strukturiert, dann wird aus dem bloßen Dahinvegetieren ein erfülltes Sein. Man muss handeln und das neue Rollenfach 'Altern' annehmen." Thomas Dorner dazu: "Ja, richtig. Man kann selbst viel dazu beitragen, doch es braucht dafür ausreichend Ressourcen und Möglichkeiten im Sinne der Gesundheitsförderung. Das könnte mehr sein."

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