Albtraum Isolation: Einsame Menschen träumen schlechter
Menschen, die einsam sind, scheinen eher zu schlechten Träumen zu neigen, zeigt eine Studie. Was die Gründe dafür sein könnten.
09.08.24, 05:00
Sie wird oft als größte Pandemie unserer Zeit benannt: die Einsamkeit. Nachdem die Corona-Krise Isolationsgefühle massiv befeuert hatte, sind die Zahlen inzwischen wieder auf vorpandemisches Niveau zurückgekehrt. Dennoch: Einsamkeit bleibt global ein wachsendes gesellschaftliches Problem.
Dass sich die Welt auch in einer "Schlafkrise", wie manche Fachleute es formulieren, befindet, lässt sich ebenfalls durch Untersuchungen untermauern: In weltweiten Umfragen gaben erst kürzlich 40 Prozent der Menschen an, an nicht mehr als drei Nächten pro Woche guten Schlaf zu bekommen.
Forschende von vier US-amerikanischen Universitäten, darunter die Oregon State University, haben in einer neuen Studie nun ein Bindeglied zwischen den beiden Phänomen entdeckt.
Und zwar: Albträume. Konkret konnte gezeigt werden, dass Einsamkeit mit der Häufigkeit und Intensität von Albträumen in Zusammenhang stehen könnte.
Stress und Ängste halten Menschen wach
Das Team um den Kommunikationswissenschafter Colin Hesse nennt gesteigertes Stressempfinden als eine mögliche Ursache für das vermehrte Auftreten von verstörenden Trauminhalten. Auch das bei einsamen Menschen beobachtbare Gedankenkreisen und Grübeln, Sorgen wie Ängste, aber auch der Zustand der Übererregtheit – auch Hyperarousal genannt – würden gestörtem Schlaf die Rutsche legen.
Ein Mangel an zwischenmenschlichen Kontakten und Beziehungen belaste den Menschen nicht nur tagsüber, summieren die Forschenden. Dies würde einmal mehr die "evolutionäre Theorie untermauern, dass das Gefühl der Zugehörigkeit für das menschliche Überleben unerlässlich ist", schreiben sie im Journal of Psychology.
Behandlung von Einsamkeit könnte Albtraum-Erfahrungen verringern
Zwar habe man aus den erhobenen Daten – befragt wurden mehr als 1.600 Erwachsene in den Vereinigten Staaten im Alter von 18 bis 81 Jahren – keinen kausalen Zusammenhang destillieren können. Ob Einsamkeit tatsächlich Albträume auslöst, oder gar Umgekehrtes der Fall ist, lässt sich aus der Analyse nicht ableiten. "Aber unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Behandlung von Einsamkeit dazu beitragen könnte, die Albtraum-Erfahrungen von Menschen zu verringern", so Hess in einer Aussendung.
Laut aktuellem deutschen Einsamkeitsbarometer leiden allein in unserem Nachbarland Millionen Menschen unter Einsamkeit. In Österreich klagt laut Diakonie jeder Zehnte über soziale Isolation und Einsamkeit. Diese Zahl nennt auch die Europäische Kommission.
Nach einem sehr starken Anstieg der Einsamkeitsbelastung im ersten Corona-Pandemiejahr konnte in den Folgejahren eine stete Bewegung in Richtung des Vor-Pandemie-Niveaus beobachtet werden. Im Vergleich zum Jahr 2017 sind die Zahlen der von Einsamkeitsbelastungen betroffenen Personen aber weiterhin erhöht, heißt es im Bericht zum deutschen Einsamkeitsbarometer.
Obwohl ältere Menschen im Schnitt am stärksten von Einsamkeitsgefühlen betroffen sind, machen Isolationsgefühle auch vor jüngeren Altersgruppen nicht Halt.
Die Paris Lodron Universität Salzburg kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass hierzulande 30 Prozent der Bevölkerung an Schlafstörungen leiden.
Die Folgen von Einsamkeit sind vielfältig und potenziell fatal, heißt es auf der Plattform gegen Einsamkeit, die Initiativen gegen Einsamkeit in Österreich vorstellt: Studien zeigen etwa, dass Einsamkeit mit einer erhöhten Anfälligkeit für depressive Störungen zusammenhängt. Weitere Studien haben Zusammenhänge zwischen Einsamkeit und reduzierten kognitiven Fähigkeiten gefunden, insbesondere bei betagten Menschen. Der Befund einer britischen Längsschnittstudie zeigt zudem, dass Einsamkeit mit einem höheren Demenzrisiko verbunden sein kann.
Ein Mangel an sozialen Kontakten ist auch mit einem erhöhten Risiko für die körperliche Gesundheit verbunden. Menschen, die sozial isoliert sind oder sich einsam fühlen, haben ein um 30 Prozent höheres Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden oder daran zu sterben, befindet etwa die American Heart Association. Isolation und Einsamkeit stehen zudem im Zusammenhang mit verstärkten Entzündungen und physiologischen Symptomen von chronischem Stress wie Müdigkeit, Hirnnebel, Kopfschmerzen und Gewichtszunahme.
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