Autoimmunerkrankungen: Albträume als frühe Warnsignale?

Eine Frau träumt schlecht.
Weltweit sind zwischen fünf und acht Prozent aller Menschen von Autoimmunkrankheiten betroffen. Laut britischen Forschenden könnten bedrohliche Träume derartige Erkrankungen möglicherweise ankündigen.

Sie gilt als die komplizierteste Krankheit der Welt: Lupus, bekannt durch Ärzteserien wie "Dr. House", ist eine von weltweit 80 bis 100 aktuell bekannten Autoimmunerkrankungen. Gemein ist ihnen, dass sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet und Entzündungsreaktionen auslöst.

Bei Lupus ist das Spektrum an möglichen Symptomen enorm breit: Die Erkrankung kann alle Organe, Gelenke und Muskeln treffen und dort Schmerzen auslösen. Typisch sind Haarausfall, Auffälligkeiten im Blutbild, vielfältige Ausschläge, Finger, die in der Kälte blau oder weiß werden oder das "Schmetterlingserythem" – eine Rötung des Gesichts, die an einen Schmetterling erinnert. Charakteristisch für die Frühphase sind zudem viele kleine offene Stellen im Mund, sogenannte Aphthen. 

Ein weiteres frühes Warnsignal für Lupus, und potenziell auch andere Autoimmunkrankheiten, könnten Albträume sein, wie Forschende der University of Cambridge und des King's College London nun herausgefunden haben.

Eine Autoimmunerkrankung ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise gesunde Zellen angreift und körpereigenes Gewebe beschädigt oder teilweise völlig zerstört. Diese Entzündungsreaktion kann verschiedenste Organe betreffen, weltweit sind derzeit 80 bis 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen bekannt. Sie bilden nach Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen die dritthäufigste Erkrankungsgruppe.

Zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen gehören Diabetes Typ 1, Hashimoto-Thyreoidetes, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und die Zöliakie. Weitere bekannte Autoimmunkrankheiten sind Rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose und Lupus erythematodes.

Für eine in der Fachzeitschrift eClinicalMedicine veröffentlichte Studie befragten die Fachleute 676 Lupuspatientinnen und -patienten und 400 Klinikerinnen und Kliniker. Außerdem führten sie Interviews mit 69 Menschen, die mit systemischen autoimmunen rheumatischen Erkrankungen (einschließlich Lupus) leben, und 50 damit befassten Ärztinnen und Ärzten. 

Man fragte die Betroffenen nach verschiedenen neuropsychiatrischen Symptomen, etwa dem Auftreten von Depressionen, Halluzinationen und Gleichgewichtsstörungen. In den Interviews wurden sie gebeten, anzugeben, in welcher Reihenfolge die Symptome normalerweise auftraten, wenn die Krankheit aufflammte.

Kennzeichnend für Autoimmunerkrankungen sind oft schubförmige Verläufe: Neurologische Symptome könnten anzeigen, dass sich ein Schub nähert und sich die Krankheit für eine gewisse Zeit verschlimmert, so die britischen Expertinnen und Experten.

Traumschlafstörungen als häufiges Symptom

Eines der am häufigsten berichteten Symptome waren Traumschlafstörungen – lebhafte und erschreckende, oftmals bedrohliche Träume, die das Gefühl auslösen, angegriffen zu werden, gefangen zu sein, zerquetscht zu werden oder zu fallen. Sie traten bei drei von fünf Patientinnen und Patienten auf. Von dieser Gruppe gab wiederum ein Drittel an, dass dieses Symptom mehr als ein Jahr vor Ausbruch der Lupuserkrankung aufgetreten war. 

Knapp jeder vierte Betroffene berichtete über Halluzinationen – die Betroffenen sprachen konkret von besonders einnehmenden "Tagträumen" –, wobei bei 85 Prozent das Symptom erst zu Beginn der Erkrankung oder später auftrat. Beim Großteil manifestierten sich jedoch unmittelbar davor ebenfalls Störungen des Traumschlafs.

Albträume könnten "Frühwarnsystem" darstellen

Viele der befragten Fachleute gaben unterdessen an, Albträume und Halluzinationen noch nie als Ursache für einen Krankheitsschub in Betracht gezogen zu haben. Man wolle diese in Patientengesprächen künftig verstärkt thematisieren. Derartige Symptome könnten gar ein "Frühwarnsystem" darstellen, das wiederum eine bessere Behandlung ermöglicht. 

Für Melanie Sloan, Public-Health-Expertin von der Uni Cambridge, der richtige Weg: "Es ist wichtig, dass Ärzte mit ihren Patienten über diese Art von Symptomen sprechen und sich die Zeit nehmen, den individuellen Verlauf der Symptome aufzuschreiben." Patienten wüssten oft, welche Symptome einem Schub vorangehen, "aber sowohl Patienten als auch Ärzte zögern oft, über psychische und neurologische Symptome zu sprechen, vor allem, wenn sie nicht wissen, dass sie Teil einer Autoimmunerkrankung sein können".

Mehr Wissen über den Zusammenhang könnte nicht zuletzt Fehldiagnosen – etwa, dass bei Lupus-Patienten wegen wiederkehrender Halluzinationen fälschlicherweise eine Psychose diagnostiziert wird – vorbeugen. 

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