KURIER: Woran erkennt man, dass die Eingewöhnung gut läuft?
Daniela Mansouri: Gute erste Zeichen sind, wenn das Kind Kontakt zur Pädagogin oder Assistentin aufnimmt, zu spielen beginnt und Interesse an anderen Kindern zeigt. Dann kann man eine Trennung probieren. Es ist in Ordnung, wenn es im Zuge dessen Tränen gibt. Das Kind soll aber die Erfahrung machen, dass negative Gefühle gut begleitet werden. Die Eingewöhnung ist ein großer Entwicklungsschritt.
Eltern setzt es oft sehr zu, wenn das Kind weint.
Die Frage ist, inwieweit sind die Eltern bereit, das Kind loszulassen? Haben sie ausreichend Vertrauen in die Institution Kindergarten? Die Kinder brauchen die Eltern als sicheren Hafen in der Eingewöhnungsphase. Wenn Eltern voller Angst und Anspannung sind, können sie dieser sichere Hafen nicht sein. Oft ist es ein schwieriger Schritt, das Kind von zunächst fremden Bezugspersonen betreuen zu lassen. Es hilft, wenn man den Kindergarten, das Personal und die Abläufe besser kennenlernt.
Wie erkennt man, dass die Eingewöhnung schwerfällt?
Es gibt Kinder, die wenig Trennungserfahrungen gemacht haben – das hat man während der Pandemie stark gemerkt. Zeigt das Kind nach einem längeren Zeitraum immer noch starkes Weinen und Abwehrhaltung, wäre es ratsam, einen Schritt zurückzugehen. Manchmal hilft eine Pause, weil es für das Kind noch zu früh ist, andere brauchen vielleicht einen kleineren Rahmen wie Tageseltern.
Es braucht plötzlich auch mehr Selbstständigkeit.
Es sind ganz andere Anforderungen als zuhause, wo manche Eltern Bedürfnisse von den Augen ablesen. Eltern nehmen oft auch vieles ab – mit Bedürfnisaufschub, dass Kinder also etwa warten, bis etwas, das sie jetzt gerne hätten, passiert, kommen viele Kinder heute nicht gut zurecht. Das geht in einer Gruppe mit bis zu 25 Kindern aber nicht anders. Dazu sind die Gruppen leider zu groß. Hier bräuchte es dringend eine Anpassung der Rahmenbedingungen. Und das sehe ich als Appell an die neue Bundesregierung. Frühkindliche Bildung ist enorm wichtig und müsste an den wissenschaftlichen Standard angepasst werden, dazu zählen etwa kleinere Gruppen und ein besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel.
Manchmal scheint die Eingewöhnung kein Problem zu sein. Doch später möchte das Kind nicht mehr in den Kindergarten.
Das kann immer wieder vorkommen. Manchmal dauert es, bis Kinder verstehen, okay, das ist jetzt für jeden Tag. Auch wenn sie schon ein Jahr im Kindergarten sind, kann eine solche Phase auftreten, etwa weil es Veränderungen gab oder weil es einen Entwicklungsschub durchmacht. Es ist wichtig, mit dem Kindergarten im Austausch zu bleiben.
Brauchen Kinder bei einem Kindergartenwechsel trotzdem einen langsamen Start?
Oft wird übersehen, dass vieles für die Kinder dennoch neu ist, sie viel zu verarbeiten haben. Ich empfehle auch bei älteren Kindern ein schrittweises Steigern, eine Mini-Eingewöhnung. Eltern sollten auch das Angebot annehmen und sich in den ersten Tagen in die Gruppe setzen, um das neue Umfeld kennenzulernen. Das trägt viel zu einer guten Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen bei.
Weitere Tipps zur Eingewöhnung stehen kostenlos im Eingewöhnungsfolder der St. Nikolausstiftung zur Verfügung.
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