Ein Löffel Rotalgen täglich: Was bringt das der Gesundheit?
„Ist ein Löffel von Irisch Moos ("Sea Moss") der Schlüssel für eine gute Gesundheit?“, fragte kürzlich die renommierte New York Times. Tatsächlich scheint „Irländisches Moos“ - eine Rotalge vor allem der nordatlantischen Küsten – der nächste große „Superfood-Hype“ zu werden – sei es als Gel, als Pillen oder als Pulver. Als "Supergreen" werden Rotalgenprodukten zahlreiche gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben.
In den sozialen Medien kursieren Behauptungen, dass ein Löffel oder mehr am Tag Darmprobleme heilen könne, die Haut reinige, den Menstruationszyklus reguliere, das Immunsystem stärke oder beim Abnehmen helfe.
Befeuert wird der Hype durch zahlreiche Prominente. Kim Kardashian etwa hat bekannt gegeben, Rotalgen-Smoothies zu trinken. Und vom „Hailey Bieber‘s Strawberry Glaze Skin Smoothie“ mit Rotalgen-Gel kursieren zahlreiche Rezeptvarianten in den sozialen Medien.
„Irisch Moos, sei es als Gel oder in anderer Form, hat wenig Kalorien und kann die Ernährung mit Nährstoffen anreichern“, sagt Melinda Ring vom Zentrum für integrative Gesundheit an der Northwestern University (Feinberg School of Medicine) in den USA. Die Alge ist reich an Antioxidantien, die zellschädigende freie Radikale abfangen können. Und sie enthält große Mengen an Kalium, das unter anderem für Muskelkontraktionen, die Herzfunktion und die Regulation des Blutdrucks wichtig ist.
Trotz gewisser positiver gesundheitlicher Auswirkungen sei der Hype aber wahrscheinlich übertrieben, sagt Ring. „Wie bei allen Superfoods, die kommen und gehen, gibt es ein Körnchen Wahrheit. Aber es handelt sich nicht um eine magische Sache, die jeder nehmen sollte.“
So fehlen harte wissenschaftliche Studiendaten über mögliche gesundheitliche Effekte. Wer sich ausgewogen ernährt, ist bereits gut mit jenen Nährstoffen versorgt, die die Rotalgen enthalten, betont Ring.
Und gleichzeitig könne Irish Moos alleine nicht die Folgen einseitiger Ernährung ausgleichen.
Auch wenn es oft behauptet werde, können Meeresalgen den Stoffwechsel nicht plötzlich beschleunigen, sagt auch Kristin Kirckpatrick, Diätologin an der Cleveland Klinik in dem Artikel der New York Times.
Sie enthalten zwar eine Vielfalt an prebiotischen Fasern, eine Nahrungsquelle für die „guten“ Darmbakterien, die helfen, das Verdauungssystem zu regulieren. Theoretisch könnte Irisch Moos dadurch beim Abnehmen helfen, weil es durch seine klebrige Konsistenz länger im Magen verbleibt und länger für ein Völlegefühl sorgt: Aber nachgewiesen ist das nicht.
Ebenfalls rein theoretisch möglich ist dank der Inhaltsstoffe wie der B-Vitamine und Zink eine Ankurbelung des Immunsystems: Aber einen Beleg dafür, dass Algenzusätze Krankheiten verhindern oder gar die Heilung unterstützen können, gibt es nicht, betonen die Expertinnen.
Warnung vor zu hohem Jodgehalt
Gleichzeitig gibt es aber Risiken.
Denn gerade getrocknete Meeresalgen können sehr hohe Jodgehalte aufweisen, wie mehrere Untersuchungen zeigten. Zu große Mengen können die Schilddrüse schädigen und zu schweren Gesundheitsproblemen führen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung warnte bereits 2004 erstmals vor gesundheitlichen Risiken durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen.
Laut der deutschen Verbraucherzentrale sind sie auch häufig mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Aluminium und Arsen belastet.
Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten auf den Verzehr von Meeresalgen ganz verzichten. "Alle anderen sollten nur solche Meeresalgenprodukte kaufen, die eindeutige Angaben zum Jodgehalt und zur maximalen Verzehrmenge enthalten."
Nahrungsergänzungsmittel mit Jod sollten laut Verbraucherzentrale nicht mehr als 100 µg/Tagesdosis enthalten, Produkte für Schwangere maximal 150 µg/Tag.
Für Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine tägliche Jodaufnahme von 200 µg, wobei eine Aufnahme bis zu 500 µg als ungefährlich gilt.
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