Womit wird (zum dritten Mal) geimpft?
Wenn am 17. Oktober auch in Österreich mit Auffrischungsimpfungen (dritter Stich) begonnen wird (für jene Personen, die am 17. Jänner ihre zweite Impfung erhielten), stellt sich die Frage: Werden das die derzeit eingesetzten Präparate sein oder schon speziell an die Delta-Variante angepasste Vakzine?
"Wir denken, dass es im Moment am besten ist, mit einer Auffrischungsdosis für den bestehenden Virusstamm fortzufahren, um die Situation in den Griff zu bekommen", sagte Uğur Şahin am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Patienten, die eine dritte Dosis desselben Impfstoffs bekommen hätten, zeigten deutlich höhere Antikörperwerte als nach der zweiten Dosis. Es sei nicht klar, welche Virusvarianten in den kommenden Monaten auftauchen könnten, von daher sei es nicht sinnvoll, das Vakzin jetzt anzupassen.
Biontech gab auch bereits Zwischenergebnisse einer Studie mit einer dritten Dosis mit dem herkömmlichen Impfstoff bekannt: "So sollen sich die Antikörpertiter bei 18- bis 55-Jährigen durch die dritte Dosis Comirnaty im Schnitt mehr als verfünffacht haben und bei 65- bis 85-Jährigen sogar fast verzwölffacht", schrieb kürzlich Spiegel online. "In beiden Gruppen sollen die Werte gegen Delta kaum niedriger gewesen sein als beim Ursprungsvirus."
Ähnliches berichtete auch bereits die US-Firma Moderna: Nach der dritten Dosis ihres klassischen Corona-Impfstoffes Spikevax sei der Antikörpertiter gegen Delta höher gewesen als nach zwei Impfungen gegen den Ursprungstyp.
Erste Hinweise auf Schutzeffekt
Israel und Ungarn haben bereits mit den Auffrischungsimpfungen für Risikopatienten begonnen. Bis Sonntag erhielten bereits mehr als eine halbe Million Menschen ab 60 Jahren eine dritte Impfung. Aus Israel gibt es mittlerweile auch erste Hinweise auf einen schützenden Effekt der dritten Dosis. Neue Daten des "Israeli National Security Council zeigen deutlich geringere Infektionszahlen unter Dreifachgeimpften im Alter von 60 und mehr Jahren im Vergleich zu Zweifachgeimpften.
Experten sprechen von einem "ersten möglichen Signal" eines schützenden Effekts einer dritten Boosterdosis in Israel. "Die ersten Anzeichen zum Schutzeffekt der Auffrischungsimpfung der Ü 60 in Israel", schreibt etwa der Generalsekretär der deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, auf Twitter: "Stimmt hoffnungsvoll und muss natürlich weiter beobachtet werden." Wobei die rote Linie der nicht Geimpften in der untenstehenden Grafik nicht korrekt dargestellt ist, wie Watzl betont.
Auch in den USA wird bereits angesichts der steigenden Infektionszahlen der Einsatz einer dritten Impfung von der Gesundheitsbehörde CDC bereits geprüft.
Der Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Charité-Universitätsmedizin Berling, Leif Erik Sander, berichtete kürzlich bei einer Veranstaltung des deutschen Science Media Center von den Ergebnissen einer Untersuchung mit einer "durchschnittlichen Kohorte an Senioren", im Schnitt 81 Jahre, die jetzt keine ganz speziellen Vorerkrankungen hatten. "Da hatte einn signifikanter Anteil vier Wochen nach der Zweitimpfung kaum messbare Antikörper." Und insgesamt lag im Durchschnitt der Antikörper-Titer niedriger, "und auch die T-Zell-Antwort war reduziert".
Angesichts der Delta-Variante mit einer höheren Viruslast und ihrer höheren Infektiosität stelle sich jetzt die Frage, wie hoch der Schutz vor schwerer Erkrankung sei: "Da wurde immer von 95 Prozent gesprochen. Die Frage ist ja eben: Ist das auch bei den Hochbetagten so, die initial schon eine etwas schwächere Immunantwort hatten? Und ist das eben auch noch sechs Monaten noch so im Lichte einer neuen Virusvariante?"
"Himmelweiter Unterschied"
Es mache einen "himmelweiten Unterschied", ob der Schutz gegen schwere Erkrankungen bei 95 Prozent oder 80 bis 85 Prozent liegt, betonte Sander. Deshalb sei es rational zu sagen, "wir boostern da jetzt lieber, bevor wir in dieser Population eventuell einen stark nachlassenden Immunschutz sehen".
Laut der Infektiologin Christine Dahlke vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) laufen bei Biontech/Pfizer, Moderna und Astra Zeneca Studien mit an die Delta-Variante angepassten Impfstoffen, noch gebe es aber keine offiziellen Daten dazu. Und man müsse auch schauen, ob derzeit wirklich schon angepasste Impfstoffe notwendig sind: Denn mehrere Studien hätten bereits eine sehr gute Kreuzreaktivität gezeigt: Dass also das durch die Impfungen scharf gemachte Immunsystem Oberflächenmerkmale verschiedener Virusvariantenn erkennt und darauf reagiert.
"Da sind wir schon mal irgendwie sicher, dass da eine gute Titer-Antwort da ist, auch bei anderen Varianten."
Hoffnung in diese Richtung macht auch eine neue Studie der Rockefeller Universität in New York, auf die Sander auf Twitter hinweist: Demnach brauche das SARS-CoV-2 Virus zirka 20 zielgerichtete Mutationen im Spike-Protein, um die Impfstoffwirkung komplett uimgehen zu können: "Das ist eine hohe Barriere."
Die Verträglichkeit der Drittimpfung scheint jedenfalls mit jener der Zweitimpfung vergleichbar zu sein, schreibt Sander. Laut einer Umfrage in Israel gaben 88 Prozent der Drittgeimpften an, sich im Vergleich zur Zweitimpfung "ähnlich oder besser" gefühlt zu haben.
Nur zehn Prozent hätten sich schlechter gefühlt. Dass angesichts der höheren Virenlast bei der Delta-Variante eine dritte Impfung notwendig sein wird, zeigen auch Daten aus Großbritannien: Patienten, die sich trotz doppelter Impfung mit der Delta-Variante infizieren, haben in den ersten Tagen der Erkrankung vermutlich eine ählich hohe Viruslast wie ungeimpfte Personen mit Covid-19, berichtet aerzteblatt.de. Positiv hingegen ist, dass die Viruslast bei einer solchen Durchbruchinfektion mit der Delta-Variante nach einigen Tagen rasch zurückgeht.
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