Demenzrisiko senken: Das unterschätzte Potenzial von Hörgeräten

Demenzrisiko senken: Das unterschätzte Potenzial von Hörgeräten
Eine neue Studie liefert erste Beweise dafür, dass Hörgeräte das Demenzrisiko potenziell günstig beeinflussen könnten.

Endlich wieder mitdiskutieren und am Leben teilhaben: Für Menschen, die nicht mehr gut hören, bedeuten Hörgeräte Lebensqualität. Die Hilfsmittel sind nicht nur als Verstärker im Sozialleben von Betroffenen wichtig, sie könnten auch eine Rolle bei der Entstehung von Demenz spielen, wie eine Langzeitstudie nun aufzeigt.

Das inhaltliche Destillat der Ergebnisse, die kürzlich im Fachblatt The Lancet veröffentlicht wurden: Menschen mit Hörverlust, die kein Hörgerät verwenden, haben ein höheres Demenzrisiko als Menschen ohne Hörverlust. Mit einem Hörgerät lässt sich das Risiko allerdings angleichen: Menschen mit Hörproblemen hinken beim Risiko dann nicht mehr hinterher.

Unterschiede aufgedeckt

In Zahlen ausgedrückt: Menschen mit Hörverlust, die keine Hörgeräte benutzen, hatten im Vergleich zu Menschen mit vollständig intaktem Gehör ein um 42 Prozent erhöhtes Demenzrisiko. Bei Personen, die Hörgeräte benutzten, gab es kein erhöhtes Risiko. Das entspreche den Forschenden zufolge in etwa einem absoluten Demenzrisiko von 1,7 Prozent bei Menschen mit Hörverlust, die keine Hörgeräte benutzen. Im Vergleich zu 1,2 Prozent bei Menschen mit oder ohne Hörverlust, die entsprechende Geräte in Verwendung haben.

Der Untersuchung waren Erkenntnisse der Lancet-Kommission für Demenzprävention vorausgegangen: Diese hatte festgestellt, dass etwa acht Prozent der weltweiten Demenzfälle mit vermindertem Hörvermögen in Zusammenhang stehen könnten.

Nun verdichten sich die Beweise, "dass Hörverlust der wichtigste modifizierbare Risikofaktor für Demenz in der Lebensmitte ist", wird Dongshan Zhu, der an der chinesischen Universität Shandong zu chronischen Krankheiten forscht, im Guardian zitiert. Allerdings sei unklar, wie der Effekt von Hörgeräten bei Demenz genau ausgestaltet sei.

Günstig und effektiv

Dennoch: "Unsere Studie liefert die bisher besten Belege dafür, dass Hörgeräte eine minimal-invasive, kosteneffektive Behandlung sein könnten, um die potenziellen Auswirkungen von Hörverlust auf Demenz abzuschwächen."

Die Forschenden untersuchten Daten von 437.704 Personen aus einer britischen Biobank. Das Durchschnittsalter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag bei 56 Jahren, die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug zwölf Jahre.

Alleine in Großbritannien würde laut Zhu knapp 80 Prozent der Menschen mit Hörminderung keine Hörgeräte tragen. "Ein Hörverlust kann bereits im Alter von 40 Jahren beginnen, und es gibt Hinweise darauf, dass ein allmählicher kognitiver Abbau vor einer Demenzdiagnose 20 bis 25 Jahre dauern kann."

Die neuen Befunde würden jedenfalls die Notwendigkeit einer frühzeitigen Einführung von Hörgeräten unterstreichen.

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