Covid- und Grippesaison läuft an: "Die Maske ist vergessen"

Eine Frau sitzt mit einer Decke auf dem Sofa und putzt sich die Nase.
Allgemeinmediziner und Kinderärzte merken bereits eine Zunahme an Patientinnen und Patienten, die Lage ist aber noch entspannt. Was sie raten.

Husten, Schnupfen, Heiserkeit –  die Erkältungszeit hat begonnen: 61.261 Menschen waren laut Österreichischer Gesundheitskasse (ÖGK) in der Kalenderwoche 39 (22.9.-28.9.2025) aufgrund grippaler Infekte im Krankenstand

Das sind zwar weniger als zur selben Zeit im Vorjahr (KW 39 2024: 81.696), aber mit 28 Prozent mehr Erkrankten ein deutlicher Anstieg zur Vorwoche (KW 38 2025: 47.726). Auch bei Covid sind aktuell merklich weniger Fälle zu verzeichnen als im Vorjahr: 3.113 ÖGK-Versicherte waren deshalb vergangene Woche im Krankenstand, 2024 waren es in Kalenderwoche 39 noch 13.652. Die Grippesaison befindet sich erst in ihren Anfängen –  367 Menschen waren in der Vorwoche deshalb bei der ÖGK krankgemeldet.

"Wenn man die Diagnose kennt, kann man besser reagieren"

Allerdings wird auch wesentlich weniger getestet, meint Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied, Obfrau der Kurie niedergelassene Ärzte in der Ärztekammer Wien, im KURIER-Gespräch. "Tests auf Covid, RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus , Anm.) oder Influenza sind privat zu bezahlen und keine Kassenleistung, das heißt, viele Menschen können oder wollen sich das nicht leisten. Wenn man die Diagnose kennt, kann man aber besser reagieren", sagt sie. 

Ein Beispiel: Jüngere Erwachsene, die derzeit häufig im Wartezimmer sitzen, sollten es etwa nach einer Covid-Infektion langsamer mit Sport angehen als nach einem grippalen Infekt. Wer sich zu früh zu stark belastet, hat ein erhöhtes Risiko für Komplikationen. 

"Tests sollten kostenlos sein"

In ihrer Ordination in Wien-Floridsdorf kostet der Kombi-Test, der die drei Erkrankungen abdeckt, 15 Euro. "Viele Patientinnen und Patienten verstehen nicht, warum sie dafür etwas zahlen müssen. Dadurch werden die Tests wenig angenommen – sie sollten kostenlos sein", meint die Allgemeinmedizinerin. Momentan sieht sie in ihrer Praxis viele Covid-Verdachtsfälle, zudem "warten wir auf die RSV- und Keuchhustenwelle, ein spannender Herbst steht bevor". Die beiden Medikamente Tamiflu zur Behandlung einer Influenza sowie Paxlovid zur frühen Behandlung einer Covid-Infektion sind laut Apothekerkammer derzeit gut verfügbar.

Die Nachfrage nach Impfungen ist unterschiedlich, berichtet Kamaleyan-Schmied. "Am ehesten wird die Grippeimpfung gewünscht, mit der wir im Oktober beginnen. Nach der Covid-Impfung wird immer mal wieder gefragt, aber es ist lange nicht mehr so, wie es während der Pandemie war. Die RSV-Impfung ist sehr teuer, deshalb wird sie sehr selten nachgefragt." Die Grippeimpfung wie auch die Schutzimpfung gegen Covid-19 sind im Rahmen des öffentlichen Impfprogramms kostenlos und können beim Hausarzt erfolgen. 

Alle ab 60 Jahren, denen laut Nationalem Impfgremium (NIG) die RSV-Impfung empfohlen wird, müssen die Kosten von ca. 250 Euro privat bezahlen. Dies gilt auch für Schwangere, die sich ebenfalls gegen RSV impfen lassen können. Seit heuer steht erstmals eine kostenlose Impfung gegen RSV für alle Säuglinge, die in der Erkältungssaison von Oktober bis März geboren werden, zur Verfügung. 

RSV-Lage ist derzeit entspannt

Helmuth Howanietz, Ärztlicher Leiter des Kindermedizinischen Zentrums Augarten, erwartet, dass Säuglinge von der neuen RSV-Impfung sehr profitieren. Bereits in der vorigen Saison stand die RSV-Impfung zur Verfügung, allerdings wurde sie erst nach und nach ausgerollt. "Derzeit ist die Lage hinsichtlich RSV im niedergelassenen Bereich entspannt ist – ich gehe davon aus, dass die RSV-Impfung bereits etwas gebracht hat. Hinsichtlich der Grippe stehen wir erst am Anfang der Saison", sagt Howanietz. 

Auch bei Kindern sind die Tests auf RSV, Grippe und Covid privat zu bezahlen. "Es hat allerdings auch keine Konsequenz für die erkrankten Kinder, ob es sich um RSV, Grippe oder Covid handelt – weder für die Behandlung noch besteht ein Isolierbedarf oder eine Anzeigepflicht", betont der Kinderarzt. Seit 1. Juli 2023 ist Covid-19 keine meldepflichtige Erkrankung mehr. 

Er rät allerdings zur Grippeimpfung, insbesondere bei kleinen Kindern. Ab sechs Monaten kann die Grippeimpfung verabreicht werden. Howanietz: "Vor allem Babys erkranken bei einer Infektion schwer, für sie ist die Grippe eine ernst zu nehmende Erkrankung. Auch das Umfeld sollte geimpft sein, um speziell Kinder unter sechs Monaten zu schützen. Die Impfbereitschaft ist aber bei Grippe sehr gering – hier braucht es viel Aufklärungsarbeit."

Impfen über die Nase für Kinder ab 2 Jahren

Ab dem zweiten Lebensjahr kann ein nasaler Grippeimpfstoff verabreicht werden – dieser werde besser angenommen, allerdings "nicht mit der nötigen Breitenwirkung", sagt Howanietz. 

Nur etwa vier bis sechs Prozent aller Menschen in Österreich lassen sich jedes Jahr gegen Grippe impfen. Die Covid-Impfung empfiehlt Howanietz hingegen nicht allen Kindern. Häufig seien die Symptome bei aktuellen Varianten ähnlich einem grippalen Infekt, so der Kindermediziner. Empfohlen wird die Covid-Impfung dann, wenn Kinder ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, etwa wegen einer chronischen Erkrankung oder einer Immunsuppression. 

Bei grippalen Infekten rät Howanietz, dass Kinder zuhause bleiben sollten, wenn ihr Allgemeinzustand dies erfordert, etwa bei Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Fieber. "Auch wenn ein Kind sehr viel hustet, aber kein Fieber hat, sollte es nicht in Kindergarten und Schule gehen, um andere nicht anzustecken." Schnupfen alleine sei meist harmlos und kein Hinderungsgrund für den Schul- und Kindergartenbesuch. 

Kamaleyan-Schmied beobachtet, dass die Bereitschaft andere vor einer Ansteckung zu schützen durch das Tragen einer Maske geringer geworden ist. "Die Maske ist total in Vergessenheit geraten. Die Menschen kommen mit viralen Symptomen in die Praxen. Es ist eigentlich egal, was es ist, Grippe, RSV oder Covid – wenn man Erkältungssymptome hat, sollte man eine Maske tragen, vor allem, wenn man in eine Ordination geht."

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