Covid-19: Welche Therapiefortschritte Experten zuversichtlich stimmen

Covid-19: Welche Therapiefortschritte Experten zuversichtlich stimmen
Mediziner berichten über Behandlungserfolge im vergangenen halben Jahr, betonen aber: Das ist kein Grund, Infektionen zu verharmlosen.

Um mehr als 20 Jahre ist das Durchschnittsalter der mit dem neuen Coronavirus-Infizierten seit April gesunken. Das ist ein Hauptgrund, dass der Anteil der Spitalspatienten heute deutlich niedriger ist, sagt Infektiologe Heinz Burgmann vom Wiener AKH / MedUni Wien – auch wenn zuletzt wieder ein Anstieg bemerkbar war. Zu Beginn der Pandemie mussten rund 20 Prozent der Covid-19-Patienten in Spitalbehandlung, derzeit sind es österreichweit unter zehn Prozent. Dennoch mussten von diesen knapp mehr als 150 Patienten rund 25 Prozent mit Atemproblemen und schweren Symptomen auf eine Intensivstation verlegt werden.

"Wir haben das Virus und seinen Effekt auf den Menschen im vergangenen halben Jahr viel besser kennengelernt", betont Burgmann. "Das darf uns aber nicht nachlässig machen.“ Auch Intensivmediziner Walter Hasibeder, künftiger Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), betont: "Eine Verharmlosung einer Infektion und ihrer Folgen ist nicht angebracht." So wisse man noch viel zu wenig über Langzeitfolgen.

Einige Fortschritte und Neuheiten:

Entzündungshemmung: Das Cortison-Präparat Dexamethason wirkt gegen die schwerste Form von Covid-19, den septischen Schock – die schlimmste Folge einer Überreaktion des Immunsystems. Dexamethason kann das Sterberisiko schwerkranker Patienten um mehr als 30 Prozent senken. "Mit ein Grund für die geringe Sterblichkeit in Österreich ist, dass Dexamethason bei uns breit eingesetzt wird."

Blutverdünnung: Die frühzeitige und intensive Hemmung der Blutgerinnung kann das Sterberisiko halbieren. Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel zählen zu den häufigen Komplikationen von Covid-19. Hasibeder: "Wir haben von Anfang an relativ schnell auf die therapeutische Blutverdünnung gesetzt. Uns sind extreme Mikrozirkulationsstörungen vor allem an den Fußsohlen aufgefallen, was absolut ungewöhnlich war. Durch eine therapeutische Blutverdünnung ist das innerhalb von 48 Stunden verschwunden."

Virushemmung: Medikamente, die die Virusvermehrung hemmen, wirken in der Frühphase, sagt Burgmann. Bei moderat erkrankten Patienten, die (noch) nicht beatmet werden, verkürzt Remdesivir die Aufenthaltsdauer im Spital.

Beatmung: "Wir haben gelernt, damit viel besser umzugehen", sagt Hasibeder. "Man muss versuchen, nicht zu intensiv zu beatmen, mit nicht zu hohem Beatmungsdruck."

Plasmaspenden: Mindestens 40 Patienten in Österreich haben bisher Plasma von Genesenen, das Antikörper gegen das Coronavirus enthält, erhalten. Die Notfallgenehmigung dieser Therapie in den USA durch Donald Trump ist zwar aufgrund der noch schwachen Datenlage umstritten. "Eine neue Studie zeigt aber, je früher das Plasma verabreicht wird und je mehr Antikörper es enthält, umso größer ist der Nutzen für die Patienten", sagt Mediziner Christof Jungbauer vom Roten Kreuz. "Ich bin zuversichtlich, dass wir bald noch mehr Daten zur Wirksamkeit haben werden."

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