Coronavirus und Schwangerschaft: Was wir bisher wissen
Korrektur: Ein früherer Titel zu diesem Artikel bescheinigte Schwangeren kein bzw. ein sehr geringes Risiko durch das Coronavirus. Diese Aussage war falsch. Tatsächlich gibt es noch keine ausreichende Datenlage, die diesen Schluss zulassen würde, sondern lediglich Hinweise.
Schwangere sollten sich durch SARS-CoV-2 bzw. die Covid-19-Erkrankungen nicht übertrieben ängstigen. Dies erklärte Florian Kiefer von der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel von der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin III gegenüber der APA. Er hat die vorliegende wissenschaftliche Literatur zum Thema SARS-CoV-2 und Schwangerschaft durchforstet.
"Bisher gibt es keinen Hinweis, dass sonst gesunde Schwangere häufiger oder schwerer an Covid-19 erkranken als nicht-schwangere Frauen. Die meisten erkrankten Schwangeren hatten milde Verlaufsformen. Es gelten derzeit die gleichen Hygienemaßnahmen wie für die restliche Bevölkerung: Social Distancing, häufiges Händewaschen, Abstand halten, kein Berühren des Gesichts bei Aufenthalt in der Öffentlichkeit. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass Schwangere mit entsprechenden Vorerkrankungen, insbesondere Autoimmunerkrankungen, schwerere Verlaufsformen der Covid-19 Infektion haben können", erklärte Kiefer.
Endgültig lässt sich zu den fragen allerdings noch kein Urteil fällen. "Bisher liegen nur sehr wenige Informationen über schwangere Frauen mit Coronavirus Infektionen vor, die meisten aktuellen Berichte stammen aus China und umfassen kleine Fallzahlen bis zu 30 Patientinnen", schränkte der Experte ein.
Auch welchen Einfluss eine Infektion auf den Schwangerschaftsverlauf bzw. das ungeborene Kind haben könne, sei im Moment noch schwer zu beurteilen, da es insgesamt nur wenige Daten und natürlich noch keine Langzeitstudien gebe. Aber auch hier gelte, wie Kiefer feststellte: "Bisher gibt es keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, jedoch wurde in einigen Studien über eine erhöhte Rate von Frühgeburten berichtet, wobei nicht immer hervorgeht welche Entscheidungskriterien für eine vorzeitige Entbindung herangezogen wurden.
Auch die Frage ob das Coronavirus während der Schwangerschaft auf das Ungeborene übertragen werden kann (sogenannte vertikale Transmission; Anm.)) sei derzeit noch nicht restlos geklärt. "Die bisherigen Berichte lassen vermuten, dass das Übertragungsrisiko eher gering, wenn auch nicht ausgeschlossen, ist. In den meisten untersuchten Neugeborenen von betroffenen Müttern war das Virus nach der Geburt nicht nachweisbar, auch wurde bisher das Virus nicht im Fruchtwasser oder Nabelschnurblut nachgewiesen. Jedoch gibt es einzelne Fallberichte, laut denen das Coronavirus wenige Tage nach der Geburt im Rachen- oder Analabstrich der Neugeborenen feststellbar war", stellte der Wiener Kliniker fest. Es sei in diesen Fällen nicht sicher, ob es möglicherweise erst im Rahmen der Geburt zu einer Infektion gekommen sei.
Den stärksten Hinweis, dass das Virus möglicherweise doch "in utero" also noch im Mutterleib, auf das Kind übertragen werden kann, lieferten vereinzelte Beobachtungen, dass SARS-CoV-2-spezifische IgM-Antikörper unmittelbar nach der Geburt im kindlichen Blut infizierter Mütter nachweisbar waren. IgM-Antikörper können im Gegensatz zu IgG-Antikörpern aufgrund ihrer Größe die Plazenta nicht passieren, also bei intakter Plazentaschranke nicht von der Mutter kommen. Somit sei davon auszugehen, dass diese Antikörper tatsächlich vom Fötus selbst aufgrund eines Kontaktes mit dem Virus produziert wurden.
Eine große Herausforderung stelle der Umgang von an Covid-19 erkrankten Müttern mit ihren Babys dar, da bei enger körperliche Nähe von einer hohen Ansteckungsgefahr auszugehen sei. Kiefer: "Derzeit gibt es keine eindeutigen Empfehlungen zur Trennung erkrankter Mütter von ihren Kindern, jedoch scheint bei schweren Erkrankungsverläufen eine Isolation jedenfalls sinnvoll." Nicht nachweisbar war das Virus bisher in Muttermilch. Zum Stillen gibt es aber derzeit wegen der eingeschränkten Datenlage divergierende Empfehlungen. "Bei leichten oder asymptomatischen Erkrankungen der Mutter dürften aus derzeitiger Sicht die Vorteile des Stillens das Ansteckungsrisiko überwiegen", stellte Kiefer fest. Es müssten aber strenge hygienische Maßnahmen eingehalten werden.
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