Coronavirus: Impfstoff für Kinder muss warten

Je jünger das Kind, desto aufwendiger die Prüfung des Impfstoffs.
Die derzeit vorhandenen Vakzine werden ab dem jungen Erwachsenenalter verimpft. Aufwendige Studien für Kleine laufen.

Wenn Kinder an Covid-19 erkranken, sind schwere Verläufe selten. Doch sie können das Virus übertragen. Auch für sie soll es geeignete Impfstoffe geben. Doch bisher fehlen Studiendaten.

Derzeit ist ein einziges Vakzin für Jugendliche ab 16 Jahren zugelassen, alle anderen dürfen ausschließlich bei Erwachsenen ab 18 angewendet werden. Erst wenige Hersteller haben mit Studien an Minderjährigen begonnen. Denn das ist aufwendig: Je jünger das Kind ist, desto mühsamer wird die Prüfung.

Nebenwirkungen abwarten

Deutsche Experten wie Fred Zepp, Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Mainz und Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), rechnet „frühestens Ende des Jahres, eher Anfang nächsten Jahres damit“, dass Kinder in Deutschland geimpft werden könnten: „Je jünger der Mensch ist, desto ausgeprägter kann er reagieren und desto stärker sind eventuell auch Nebenwirkungen.“

„Vor der klinischen Prüfung an Kindern muss sichergestellt sein, dass in den Studien bei Erwachsenen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten sind“, heißt es beim deutschen Robert Koch-Institut (RKI). „Kinder sind schon allein aus ethischen Gründen nicht für frühe Tests vorgesehen.“

Der deutsche Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) hat den Stand bei den Impfstoffherstellern zusammengetragen:

  • Biontech/Pfizer: Die Bedingte Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer umfasst bereits heute Jugendliche ab 16 Jahre. Im Herbst 2020 fügte das Duo laut vfa noch vertiefende Studien mit Teilnehmern von 12 bis unter 16 Jahren hinzu: einen mit der echten Impfung und einen mit der Scheinimpfung. Geplant ist, auch Kinder zwischen 0 und 15 Jahren zu testen.
  • Moderna: Das US-Biotechnologieunternehmen hat bereits im Dezember damit begonnen, minderjährige Probanden zu suchen. Teilnehmen sollen nach Unternehmensangaben 3000 Kinder zwischen 12 und 17 Jahren. Bisher sind nur US-Kliniken an der „TeenCove“-Studie beteiligt. Zwei Drittel der Teilnehmer bekommen den Impfstoff, der Rest ein Placebo. Die Jugendlichen werden im Abstand von einem Monat zwei Mal geimpft und werden danach 13 Monate lang begleitet. Mindestens sechs Mal müssen sie in die Klinik, dazu kommen Telefonate und Rückmeldungen per App. Erwarteter Abschluss der Studie: Mitte 2022.
  • Astra Zeneca: Der schwedisch-britische Pharmakonzern hat noch nicht mit pädiatrischen Studien begonnen. Man plane aber, „die Studien in einem neuen Protokoll für die Altersgruppe der 6- bis 18-Jährigen fortzusetzen“, heißt es bei dem britisch-schwedischen Hersteller. „Diese sollen in den kommenden Monaten beginnen.“ Details würden „zu gegebener Zeit“ bekannt gegeben. Bei diesem Impfstoff, den das Unternehmen mit der britischen Universität Oxford entwickelt hat, einem aus Indien und mehreren chinesischen wurden laut vfa Minderjährige bereits frühzeitig in Studien einbezogen. Die Studien sind zum Teil aber nicht abgeschlossen und fast alle Produkte in Europa gar nicht zugelassen.

Studien mit Kindern unter 12 Jahren gehören laut vfa sowohl für Biontech/Pfizer als auch für Moderna zu den Auflagen der Europäische Arzneimittel-Agentur EMA, die an die Bedingte Zulassungen für Erwachsene geknüpft sind. Spätester Abgabetermin der Ergebnisse sei Juli beziehungsweise Dezember 2024.

Erst Jugendliche, dann unter 12-Jährige

„Es ist zu erwarten, dass Studien mit diesen Altersgruppen nicht beginnen, ehe es nicht gute Ergebnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Impfung von Jugendlichen gibt“, heißt es in einem vfa-Papier. Üblicherweise arbeiten sich die Hersteller altersgruppenweise zu immer jüngeren Kindern vor. Jugendliche bekommen die gleiche Dosis wie Erwachsene. Bei jüngeren Kindern ist es möglich, dass die Dosis angepasst werden muss.

Eventuell keine Impfempfehlung für Kinder

Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut, das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständig ist, betont: Impfstoffe werden nur für die Altersgruppen zugelassen, für die Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit aus klinischen Prüfungen vorliegen. Die Zulassung würde dann durch eine sogenannte Änderungsanzeige zur bestehenden Zulassung auf Jüngere ausgedehnt.
Aber selbst wenn Produkte verfügbar sind, heißt das noch nicht, dass sie eingesetzt werden. Auf die Frage „Wird es eine Impfempfehlung für Kinder gegen Covid-19 geben?“, antwortete das Robert Koch-Institut Anfang Januar: „Das ist bisher noch nicht absehbar.“

Ethische Fragen offen

Kinder gegen Covid-19 zu impfen, sei zunächst einmal „fremdnützig“, sagt Kinderarzt Zepp. „Kinder erkranken dramatisch seltener schwerwiegend als Erwachsene. Wir würden Kinder also vor allem impfen, um Ältere zu schützen. Da müssen wir uns schon fragen, ob das abgesehen von Kindern mit besonderen Infektionsrisiken ethisch vertretbar ist.“
Und wenn man Kinder außen vor ließe: Wäre dann die angestrebte Herdenimmunität überhaupt zu erreichen? „Grundsätzlich ja“, sagt Zepp. Sie trügen zur Durchseuchung der Bevölkerung auch auf andere Weise bei: indem sie sich infizieren.

 

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