Corona-Pandemie könnte Antibiotika-Resistenz fördern

Corona-Pandemie könnte Antibiotika-Resistenz fördern
Covid-19-Patienten werden zu oft - auf Verdacht - mit den Präparaten behandelt. Dabei treten Co-Infektionen relativ selten auf.

Deutsche Experten warnen schon länger: Der Einsatz von Antibiotika in der Behandlung von Covid-19-Patienten ist nicht zielführend; im Gegenteil. Jetzt belegt eine britische Studie, dass die Präparate weitaus häufiger eingesetzt werden als nötig. Ihre Ergebnisse haben Clark Russell und Cameron Fairfield von der University of Edinburgh im Fachmagazin „The Lancet Microbe“ veröffentlicht.

13 Prozent erkranken an bakterieller Co-Infektion

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler Daten von mehr als 8.600 Covid-19-Patienten untersucht, die im vergangenen Jahr in Kliniken eingeliefert und gezielt auf Bakterieninfektionen getestet wurden. Nur etwa 1.100 davon - etwa 13 Prozent - hatten demnach eine begleitende bakterielle Infektion. Meist habe es sich um Sekundärinfektionen gehandelt, an denen Patienten mehr als zwei Tage nach der Einlieferung ins Spital erkrankten.

Antibiotika ohne entsprechende Diagnose

Daten von insgesamt rund 36.000 Covid-19-Patienten zeigten wiederum, dass 37 Prozent vor der Krankenhauseinweisung antimikrobielle Mittel bekommen hatten; 85 Prozent von gut 46.000 Patienten mit verfügbaren Angaben wurden während ihres Krankenhausaufenthalts ein oder mehrere Antibiotika verabreicht - oft ohne entsprechende Diagnose rein vorsorglich oder auf einen Verdacht hin.

Resistenz als Langzeitfolge

Schon vor ihrer Analyse hätten kleinere Studie gezeigt, dass bakterielle Infektionen etwa der Atemwege und der Blutbahn bei Patienten mit Covid-19 vergleichsweise selten sind, erläutern die Forscher. Dies habe sich nun bestätigt. Der Einsatz antimikrobieller Medikamente ohne Bestätigung einer bakteriellen Co-Infektion durch gezielte Tests müsse verringert werden, betonen die Experten. Andernfalls drohten arzneimittelresistente Infektionen zu einer längerfristigen Folge der Pandemie zu werden.

Entwicklung durch Pandemie befeuert

Schon seit Jahren warnen Experten eindringlich vor der Entwicklung und Ausbreitung von Resistenzen bei Bakterien im Zuge des massenhaften Einsatzes von Antibiotika in Medizin und Tierhaltung. Ausgerechnet die von einem Virus ausgelöste Pandemie könnte die Resistenzentwicklung bei Bakterien noch befeuern, weil ein großer Teil der in Kliniken behandelten Covid-19-Patienten Antibiotika bekam und bekommt.

Teil der Vorsorge in Intensivmedizin

Häufig ist das zum Beispiel bei Patienten auf Intensivstation. „Wenn ein Patient länger auf der Intensivstation liegt, mehrere Wochen zum Beispiel, dann hat er in der Regel auch Antibiotika bekommen“, hatte Stefan Kluge vom UKE Hamburg vor einiger Zeit erklärt. Während der Behandlung auf der Intensivstation träten oftmals bakterielle Infektionen über Schläuche und Katheter auf.

Oft aber werden die Mittel Experten zufolge vorsorglich verabreicht - bei Lungeninfekten zum Beispiel als Absicherung gegen eine potenziell doch vorhandene bakterielle Co-Infektion, die zu einer gefährlichen Sepsis führen könnte.

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