"The good, the bad & the ugly": Corona-Impfstoffe waren entscheidende Hilfe
"Das Gute, das Böse & das Hässliche": In Anlehnung an einen berühmten Filmtitel hat die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt eine Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Apotheker mit dem Untertitel "The good, the bad & the ugly" versehen. Das Gute, so die Expertin: "Es gibt durch die Pandemie einen enormen Booster in der Impfstoffentwicklung auch für andere Erkrankungen." Schlecht seien hingegen Aspekte der Kommunikation zur Covid-19-Impfung zu sehen, "die nicht immer gut gelaufen" sei. Außerdem kehrten durch entstandene Impflücken andere Erkrankungen zurück, die durch Immunisierungen kontrolliert werden könnten. "The ugly" sei schließlich Long Covid als eine der Folgen der Pandemie.
"The Good, the Bad and the Ugly" ist ein Spielfilm aus dem Jahr 1966. Im Original lautet der Titel "Il buono, il brutto, il cattivo", in der deutschen Fassung heißt er "Zwei glorreiche Halunken". Der 178 Minuten-Streifen entstand unter der Regie von Sergio Leone und gilt als Klassiker des Italowestern. Er ist nach "Für eine Handvoll Dollar" und "Für ein paar Dollar mehr" der dritte Teil von Leones „Dollar-Trilogie“, in der jeweils Clint Eastwood eine der Hauptrollen spielt.
Nicht nur die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie, auch andere Expertinnen und Experten meldeten sich anlässlich des Österreichischen Impftages am 21. Jänner zu Wort.
Gesundheitsminister gibt sich kritisch
So war etwa Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zur Eröffnung der Tagung gekommen. "Es war die Impfung, die uns letztendlich einigermaßen gut durch die Pandemie gebracht hat", sagte er. "Großartig" sei der Erfolg der Wissenschaft in der schnellen Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe gewesen, eine Erfolgsgeschichte auch die rasche breite Zurverfügungstellung der Vakzine in der EU. Aber, so der Minister, das Thema der Impfpflicht sei in Österreich politisch "nicht wirklich gut" gemacht worden. "Am Ende hat die Art und Weise, wie die Impfpflicht umgesetzt wurde, unheimlich viel 'Porzellan' zerschlagen, das sehr schwer zu kitten ist."
Pandemie als Beschleunigerin der Forschung
Die wissenschaftlichen Errungenschaften - vor allem der mRNA-Vakzine - hob die deutsche Virologin Ulrike Protzer von der TU München hervor. Die Technologie sei schon rund zehn Jahre lang bekannt gewesen, schnelle Umsetzung für die Covid-19-Vakzine und deren großvolumige Produktion hätten den großen Fortschritt bedeutet. Die Wirksamkeit sei auch besser als die - zum Beispiel in China - schnell entwickelten Impfstoffe mit inaktivierten SARS-CoV-2-Viren. "Wir wussten, dass solche Impfstoffe gegen respiratorische Infektionen nicht genug wirksam sind."
Zu hohe Erwartungen
Ulrike Protzer betonte, dass sich die Öffentlichkeit oft auch zu viel Hoffnungen gemacht habe: "Das sind Covid-19-Impfstoffe. Sie wurden entwickelt, um die Krankheit Covid-19 zu verhindern. Es sind keine SARS-CoV2-Impfstoffe." Wie zum Beispiel auch bei anderen Infektionen der Atemwege könne man damit eine Ansteckung nur zum Teil verhüten, hingegen sehr gut Erkrankungen bzw. schwere Erkrankungen.
Todesraten durch Impfung gesenkt
Zu den Effekten der Covid-19-Impfung präsentierte die Virologin Zahlen: "In den USA war die Todesrate sehr hoch, in Deutschland waren wir ganz gut, in Japan war man noch viel besser." Während sich in den Vereinigten Staaten nur sehr wenige Menschen dreimal gegen Covid-19 impfen hätten lassen, seien es in Deutschland (Österreich ähnlich; Anm.) 65 Prozent gewesen, in Japan mehr als 90 Prozent der Bevölkerung. Dass die Todesraten nach SARS-CoV-2-Infektion von anfänglich fünf auf mittlerweile unter 0,5 Prozent gesunken sei, wäre zu einem Gutteil der Effekt der Vakzine. "Da hat die Impfung wirklich viel gebracht."
Das gelte auch für die BA.5- und andere neuere Virusvarianten, betonte die Expertin. "Das BA.5-Virus ist von der Immunigenität her ein anderes Virus. Trotzdem hält der Effekt der Impfung an." Ungeimpfte hätten in den USA im Vergleich zu ausreichend mit den ersten Impfstoffvarianten Immunisierte eine 16-Mal höhere Spitalsaufnahmerate gezeigt. Eine Boosterung mit einer neuen auf BA.4/5 angepassten Vakzine bringe noch einmal eine um das 2,7-Fache geringere Hospitalisierungsrate bei einer Durchbruchsinfektion. Der positive Effekt zeige sich auch bei den nachfolgenden Virusmutanten.
Grundimmunisierung mit drei Impfungen
Fazit: Drei Impfungen gegen Covid-19 sind laut der Münchener Virologin das Minimum, um optimalen Schutz zu haben. Risikopersonen sollten jedenfalls eine vierte Impfung bekommen. Eine zusätzliche Durchbruchsinfektion verstärkt übrigens den Schutz noch weiter. Auf der anderen Seite: Eine SARS-CoV-2-Infektion ohne Impfung bringt wenig. Die Antikörper von Genesenen (Konvaleszenten-Antikörper) sind um die Hälfte schwächer als jene, welcher der Körper nach der Impfung bildet.
Ulrike Protzer: "Dieses Virus ist einfach schlau." Trotzdem habe die Impfung enorme Vorteile gebracht. "Wir sind in einer Situation angekommen, in der wir mit der Infektion gut leben können."
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