Wenn man eine Substanz verbietet, wird sie weniger konsumiert. Das ist überall auf der Welt so. Und wenn weniger konsumiert wird, gibt es auch weniger Menschen, die mit negativen Folgen des Substanzkonsums kämpfen. Bei Cannabis wären das beispielsweise die Sucht, das Auftreten von Psychosen oder Unfälle, die unter Einfluss der Droge passieren. Der Nachteil ist: Man kriminalisiert den Konsumenten. Das macht keinen Sinn. Nur, weil man kifft, ist man kein böser Mensch. Definitiv kriminell ist der Handel. Insofern bin ich für eine Entkriminalisierung der Kunden. Das heißt aber nicht automatisch, dass Cannabis legal sein sollte. Der Konsum könnte auch aus dem Strafgesetz ins Verwaltungsrecht wandern.
Bleibt Legalisierung eine Einladung zum Konsum?
Wenn man Cannabis legalisiert, werden unvermeidbar mehr Menschen konsumieren. Dann steigt die Zahl jener, die gröbere Probleme entwickeln. Bei Cannabis sind das zwischen fünf und zehn Prozent – wie übrigens auch bei Alkohol.
Alkohol ist aber legal.
Natürlich wäre es auch sinnvoll, die Verfügbarkeit von Alkohol – aber auch Zigaretten, davon sterben jährlich über 10.000 Menschen – einzuschränken. Zum Beispiel indem man ihn teurer macht, den Jugendschutz verstärkt oder den Kauf einschränkt. In Ländern, wo Alkohol nur in lizenzierten Geschäften abgegeben wird, sinkt die Zahl der Jugendlichen, die trinken. Sie konsumieren das, was verfügbar ist und was die Erwachsenen konsumieren.
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Werden in Deutschland künftig mehr Junge zu Cannabis greifen?
Ja, so gut kann man den Jugendschutz gar nicht machen.
Also müsste man Cannabis restriktiv regulieren – zum Beispiel Werbung dafür verbieten.
Auch wenn man Werbung restriktiv verbietet, stürzen hochprofessionelle Hersteller auf den Markt, um ein Geschäft damit zu machen. In den USA haben einige Staaten Cannabis komplett legalisiert. Rundherum ist ein heiß umkämpfter Markt entstanden, Firmen machen Milliardengewinne.
Es gibt Studien, die sagen, dass Cannabis kein Wegbereiter für härtere Drogen sei.
Jede Droge ist eine Einstiegsdroge. Hat sich das Hirn an ein Suchtmittel gewöhnt, wird es leichter abhängig von anderen. Was stimmt: Cannabis ist in dieser Hinsicht nicht schlechter als Zigaretten oder Alkohol. Bei Letzteren ist es so, dass viele Konsumenten nur rauchen oder nur trinken. Und das trifft auch auf viele Cannabis-Nutzer zu.
Legalität bedeutet auch Kontrolle: Illegale Drogen werden am Schwarzmarkt oft gefährlich gestreckt gehandelt.
In puncto Verunreinigung stimmt das. Wobei Cannabis da weniger problematisch ist, weil es billig ist. Gestreckt werden vor allem teure Substanzen wie Kokain oder Heroin. Aber Cannabis wird durch eine regulierte Legalisierung nicht gesünder. Im Gegenteil: Da kommen Firmen, die Chemiker und Biologen anstellen, um Züchtungen mit gefährlich hohem THC-Gehalt zu kreieren. Am unprofessionellen Schwarzmarkt wäre das niemals möglich.
Könnte man das nicht verbieten?
Wenn Cannabis legalisiert wird, trägt die Politik damit dem Wunsch der Bevölkerung Rechnung. Das ist ein demokratischer Prozess. Das bedeutet auch, dass Cannabis-konsumierende Menschen eine gewisse Macht haben – und die wollen high werden. Insofern ist es unrealistisch, dass Grenzwerte realisiert werden.
Was wäre ein vertretbarer Wert?
Maximal zehn Prozent THC, ab 20 Prozent wird es richtig gefährlich. Zudem müsste es eine Altersgrenze von 25 Jahren und strenge Kontrollen geben. Das menschliche Gehirn reift bis zum 25. Lebensjahr. Auf diese Reifung hat THC einen besonders schlechten Einfluss. Ich sehe derzeit kein einziges Land, das die Legalisierung sinnvoll geregelt hat.
Was braucht es, um vulnerable Gruppen, zum Beispiel psychisch belastete Menschen, die sich Cannabis oftmals selbst behandeln, zu schützen?
Rein theoretisch müsste man sagen: Wenn jemand eine Veranlagung zu Psychosen hat, sollte er kein Cannabis konsumieren dürfen. Das kann man gesetzlich aber so nicht verankern, weil es hochgradig diskriminierend wäre. Außerdem wissen die Menschen oft selbst nicht, ob es in der Familie Fälle von Psychosen gab und sie deswegen ein besonderes Risiko haben.
Gibt es Tests, mit denen man – vereinfacht formuliert – bestimmen kann, wer kiffen darf, und wer nicht?
Da ist die Forschung noch nicht weit genug. Wenn wir zuverlässige Testmethoden hätten, wäre das ein super Instrument, um die medizinische Beratung zu optimieren.
In der Medizin wird Cannabis ganz legal zur Behandlung bestimmter Krankheitssymptome eingesetzt, auch in Österreich. Es gibt also durchaus einen Nutzen, den man aus der Droge ziehen kann.
Das stimmt. Wie Cannabis werden beispielsweise auch Morphium oder kokainähnliche Substanzen medizinisch eingesetzt. Allerdings: In der Medizin dosiert man ganz genau und nutzt speziell konzipierte Präparate, die ganz bestimmte Wirkungen haben. Mit Kiffen – also der unkontrollierten Einnahme – hat das nichts zu tun.
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