Besser als BMI: Wie man Fettleibigkeit bei Kindern messen kann
Eine kürzlich präsentierte Studie des Wiener Wirtschaftskreises zeigt: In Wiener Volksschulen sind vier von zehn Kindern übergewichtig oder adipös. Österreichweit ist jeder dritte Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren fettleibig. Wie auch bei Erwachsenen haben stark übergewichtige Kinder und Jugendliche ein höheres Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechsels, des Muskel-Skelett-Apparats sowie für neurologische Erkrankungen. Umso wichtiger ist das frühe und genaue Erkennen von Übergewicht und Fettleibigkeit, um rechtzeitig Interventionen setzen zu können.
Häufig wird zur Einschätzung der Body Maß Index, kurz BMI, herangezogen. Er soll bestimmen, wie stark eine Person übergewichtig ist. Zur Berechnung wird das Körpergewicht in ein Verhältnis zur Größe gestellt. Der BMI ist der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m²). Ein BMI von 18,5 bis 24,9 gilt als Normalgewicht. Zwischen 25 und 29,9 gilt als Übergewicht, ab einem BMI von 30 spricht man von Adipositas (Fettleibigkeit).
Der BMI wird allerdings immer wieder kritisiert, da er einige Faktoren, etwa den Körperfettanteil, das Alter oder das Geschlecht einer Person nicht berücksichtigt. Sportler, die einen hohen Muskelanteil haben, haben etwa einen höheren BMI, da Muskeln schwerer sind als Fett und sie somit einen höheres Gewicht haben, das in die Berechnungsformel einfließt. Auch bei Kindern, die sich noch im Wachstum befinden, ist der BMI nicht immer geeignet. Bei der WHO gibt zwar eigene Tabellen für Kinder und nach Geschlecht, dennoch lässt sich der Fettanteil und der Muskelanteil nicht im BMI abbilden.
Taille-zu-Größe-Verhältnis als Alternative?
Laut aktueller finnischer Studie könnte eine weitere Maßzahl - das Taille-zu-Größe-Verhältnis - besser geeignet sein als der BMI, wenn es darum geht, das (Über-)Gewicht von Kindern und Jugendlichen einzuschätzen. Bei dieser Maßzahl wird auch der Körperbau einbezogen und indirekt das Bauchfett bzw. der Körperfettanteil. Der Taillenumfang kann mit einem Maßband, idealerweise morgens, auf Nabelhöhe und nach dem Ausatmen, gemessen werden. Er sollte nicht mehr als die Hälfte der Körpergröße betragen.
Um das Taille-zu-Größe-Verhältnis zu ermitteln, wird der Taillenumfang in Zentimetern durch die Körpergröße in Zentimetern dividiert.
Diese Berechnung ist nicht neu, bisher fehlten allerdings Studien dazu, die zeigen, dass die Maßzahl für Kinder und Jugendliche gut geeignet ist. In der aktuellen Studie wurde die Maßzahl mit sogenannten DEXA-Scans verglichen. Mit diesen Scans kann die Fett- und Muskelmasse bestimmt werden. Dazu wurden die Daten von rund 7.200 Kindern herangezogen, die von ihrem neunten Lebensjahr bis zu einem ALter von 24 Jahren regelmäßig untersucht wurden. Ihr BMI- und Taillenumfang-Größe-Verhältnis wurde im Alter von 9, 11, 15, 17 und 24 Jahren gemessen.
Es zeigte sich, dass das Taille-Größe-Verhältnis zu 81 bis 89 Prozent mit den DEXA-Scans übereinstimmte, was den Fettanteil der Kinder und Jugendlichen betraf. Hinsichtlich der Muskelmasse war die Übereinstimmung allerdings nur 24 bis 39 Prozent.
Schlechter schnitt der BMI ab. Er hatte eine moderate Übereinstimmung mit der Fettmasse (65 bis 72%) und Muskelmasse (52 bis 58%). Laut den Studienautoren beträgt das durchschnittliche Taille-zu-Größe-Verhältnis für Kinder und Jugendliche 0,45. Die Maßzahl könnte in Kinder- und Jugendkliniken ein preiswertes Werkzeug zum Erkennen überschüssigen Körperfetts sein. "Eltern sollten sich nicht vom BMI oder Gewicht ihrer Kinder entmutigen lassen, sondern können kostengünstig bestätigen, ob das Gewicht auf eine Erhöhung des überschüssigen Fettgehalts zurückzuführen ist, indem sie das Taille-Größe-Verhältnis des Kindes berechnen", wird Studienautor Andrew Agbaje in einer Aussendung zitiert.
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