Für eine neue Studie, die im Fachjournal BMC Medicine erschienen ist, hat ein Team der Universität Regensburg in Deutschland Daten von mehr als 86.000 Personen im Alter von 42 bis 79 Jahren aus der UK Biobank analysiert. Diese dokumentierten ihre körperliche Aktivität mit einem Beschleunigungssensor.
Dabei gab es vier zeitliche Muster: Körperliche Aktivität verteilt über den gesamten Tag, Aktivität am Morgen und am frühen Abend, Aktivität später am Tag sowie Aktivität in der Mittagszeit und in der Nacht.
Das zentrale Ergebnis: Wer den Großteil seiner körperlichen Aktivität gegen 8 Uhr in der Früh und gegen 18 Uhr am Abend ausübt, kann sein Darmkrebsrisiko in einem Ausmaß verringern, "das über die Vorteile der allgemeinen körperlichen Aktivität hinausgeht", so die Autorinnen und Autoren der Studie. Konkret war in dieser Gruppe das Risiko um elf Prozent reduziert. Wer den ganzen Tag über aktiv war, hatte ein um immerhin noch um sechs Prozent reduziertes Risiko.
Eine zusätzliche Präventionsstrategie
"Unsere Studie zeigt, dass körperliche Aktivität nicht nur wichtig ist, um das Darmkrebsrisiko zu senken, sondern dass auch der Zeitpunkt der höchsten Aktivität während des Tages eine entscheidende Rolle spielen könnte", wird Michael Leitzmann, Inhaber des Lehrstuhls für Epidemiologie und Präventivmedizin in Regensburg und einer der Studienautoren, in der britischen Tageszeitung The Guardian zitiert.
"Durch die Identifizierung bestimmter Zeiten" - früh am Morgen und spät am Tag bzw. am frühen Abend - "zu denen körperliche Aktivität am vorteilhaftesten ist, eröffnen unsere Ergebnisse neue Wege für gezielte Präventionsstrategien", sagt Leitzmann. "Wenn dies durch künftige Forschungen bestätigt wird, könnte dies eine einfache, aber wirkungsvolle Möglichkeit für Einzelpersonen sein, ihr Krebsrisiko durch den Zeitpunkt ihrer körperlichen Betätigung weiter zu senken."
"Faszinierende neue Erkenntnisse"
Helen Croker, stellvertretende Direktorin für Forschung und Politik beim World Cancer Research Fund, der die Studie finanziert hat, kommentiert die Studienergebnisse folgendermaßen: "Körperlich aktiv zu sein ist eine unserer Empfehlungen zur Krebsprävention, und wir wissen, dass dies das Krebsrisiko senkt. Diese faszinierenden neuen Erkenntnisse bieten die Möglichkeit, spezifischere Empfehlungen zur Verringerung des Krebsrisikos zu entwickeln, einschließlich der Muster und des Zeitpunkts der körperlichen Betätigung."
Die Zahl an Neuerkrankungen an Darmkrebs in Europa ist seit dem Jahr 2000 um 33 Prozent gestiegen. Der Krebsspezialist Christoph Zielinski, ärztlicher Direktor der Wiener Privatklinik, sprach kürzlich von einer „bestürzenden Zunahme an Patienten mit Dickdarmkrebs, die um die 40 Jahre alt sind. Hier besteht sicher ein Zusammenhang mit einer ungesunden Lebensweise, wenig Bewegung, einseitige Ernährung, Übergewicht.“
In Österreich waren 2019 mehr als 20.000 Frauen und 23.000 Männer mit Darmkrebs diagnostiziert, etwa 5.000 davon waren Neudiagnosen und mehr als 2.500 verstarben an der Krebserkrankung. Zu den Hauptursachen von Darmkrebs zählen vor allem lebensstilbedingte Risikofaktoren wie eine einseitige, ballaststoffarme, zu fett- und salzreiche Ernährung, ein hoher Alkohol- und Nikotinkonsum, Übergewicht und Bewegungsarmut. Mit der Vorsorgekoloskopie („Darmspiegelung“) kann Darmkrebs vielfach verhindert oder zumindest früh erkannt und so besser geheilt werden.
Beim Europäischen Gastroenterologie-Kongress, der im Oktober in Wien stattfand, wurde ein einheitliches Darmkrebs-Screening ab 45 Jahren in Österreich gefordert. Die Vorsorgekoloskopie (Darmspiegelung) ist derzeit für Menschen ab 50 Jahren Kassenleistung.
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