Das Risiko für Demenz senken: Drei neue Erkenntnisse helfen dabei

Ein griechischer Salat und Tsatsiki stehen auf einem Tisch einer Taverne in Griechenland mit Blick auf das Meer.
Zumindest einen Teil des Risikos einer Demenz-Erkrankung kann man selbst beeinflussen. Das Wissen darüber nimmt ständig zu.

Bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen weltweit könnten vermieden oder zumindest hinausgezögert werden, so die Auffassung einer internationalen Expertengruppe, die sich im Auftrag der Wissenschaftszeitschrift The Lancet mit den beeinflussbaren Risikofaktoren für eine Demenz befasst hat. Dabei handelt es sich um Lebensstil (z. B. Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum), soziale Faktoren (z. B. geringes Bildungsniveau, Einsamkeit), bestehende Erkrankungen (z. B. Bluthochdruck, unbehandelter Diabetes, erhöhtes LD-Cholesterin) oder auch Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung. Doch zum Thema Vorsorge kommen ständig neue Erkenntnisse hinzu, die das Bild weiter verfeinern. Besonders drei Aspekte stachen dabei in jüngster Zeit besonders hervor.

1. Der besondere Effekt mediterraner Ernährung: 

Eine umfassende Studie von Forschenden aus Harvard konnte einerseits zeigen, dass eine mediterrane Ernährung (viel Gemüse, Hülsenfrüchte, Fisch, Vollkornprodukte, aber u. a. wenig rotes Fleisch und fettreiche Milchprodukte) das Demenzrisiko senkt. Das besonders Interessante der im Fachmagazin Nature Medicine erschienenen Studie war aber noch eine weitere Erkenntnis:  

Menschen mit dem höchsten genetischen Risiko für Alzheimer profitierten stärker und konnten ihr Demenzrisiko deutlicher senken als Menschen mit einem geringeren genetischen Risiko.  Die mediterrane Ernährung sei die einzige Ernährungsweise, die in einer (früheren) Studie nach den höchsten wissenschaftlichen Standards "kausal mit kognitiven Vorteilen in Verbindung gebracht wurde", wird Harvard-Forscher Yuxi Liu in einer Aussendung zitiert.  

Gemeinsam mit seinen Co-Autorinnen und Co-Autoren konnte er einerseits zeigen, dass Menschen, die sich eher mediterran ernährten, ein geringeres Risiko hatten, an Demenz zu erkranken, und der geistige Abbau langsamer verlief. Die schützende Wirkung der Ernährung war aber in der Hochrisikogruppe mit zwei Kopien der bekanntesten genetischen Risikovarianten (APOE4)  am stärksten. Laut Ansicht der Studienautoren deute dies darauf hin, dass die Ernährung dazu beitragen könne, das erhöhte genetische Risiko auszugleichen.

2. Der besondere Effekt einer positiven Lebenseinstellung: 

Ein höheres Maß an Wohlbefinden sowie dem Gefühl, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen, kann das Risiko eines Gedächtnisverlusts zwischen 50 und 70 Jahren reduzieren. Für diese Studie der Universität Liverpool wurden mehr als 10.000 Über-50-Jährige über einen Zeitraum von 16 Jahren untersucht. Sie alle hatten zu Studienbeginn ein "gesundes Gehirn" ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Diejenigen, die zu Studienbeginn bereits angaben, eine positive Sicht auf ihr Leben zu haben, schnitten bei den Folgeuntersuchungen im Abstand von jeweils zirka zwei Jahren bei den Gedächtnistests konsequent besser ab. Insgesamt gab es neun solcher Verlaufskontrollen. Der positive Ausblick auf das Leben ging Hand in Hand mit einem stärkeren Gefühl, frei und unabhängig Entscheidungen treffen zu können und eine Kontrolle über den Lauf der Dinge zu haben. Die Studie ist im Fachjournal Aging & Mental Health erschienen.

In einem Kommentar zu der Studie erklärt Emma Taylor von der Organisation Alzheimer`s Research UK: „Die Pflege unseres psychischen Wohlbefindens spielt eine wichtige Rolle für unsere allgemeine Gesundheit. Und es ist nie zu spät, Maßnahmen zu ergreifen, um unser Gehirn ein Leben lang gesund zu halten und die verheerenden Auswirkungen von Demenz zu mildern.“

3. Der besondere Effekt einer Kombination von Lebensstilmaßnahmen:

Es handelt sich um die bisher größte, hochwertige Studie zum Einfluss von vier kombinierten Lebensstilmaßnahmen auf die Gehirngesundheit: 2.111 Personen zwischen 60 und 79 wurden in diese US-Untersuchung aufgenommen, die kürzlich im Fachjournal JAMA publiziert wurde. Alle hatten einen sitzenden Lebensstil, ernährten sich eher einseitig und ungesund und hatten zusätzlich zwei Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz, wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Demenzerkrankungen bei engen Verwandten.

Eine Hälfte der Probandinnen und Probanden musste einem genau vorgegebenen strukturierten Programm folgen. Ihnen wurde ein detaillierter Ernährungsplan vorgegeben, ein Angebot an sozialen Aktivitäten, acht wöchentliche Bewegungseinheiten und ein kognitiives Trainingsprogramm am Computer (drei Sitzungen pro Woche). Insgesamt gab es im Studienzeitraum von zwei Jahren 38 Treffen mit Studienmitarbeitern und anderen Studienteilnehmern.

Die andere Hälfte bekam lediglich ausführliches Informationsmaterial, wurde aber regelmäßig ermutigt, einen gesunden Lebensstil zu praktizieren - sie war aber frei in ihren Entscheidungen, wie sie ihre Ernährung oder ihr Fitnesstraining gestaltete (und ob überhaupt), oder wie lange sie ihr Gedächtnis trainierte. Hier gab es keine Vorgaben, viele waren aber motiviert, etwas an ihrem bisherigen Lebensstil zu ändern.

Beide Gruppen verbesserten im Studienzeitraum von zwei Jahren ihre kognitiven Leistungen deutlich, wobei der Effekt in der Gruppe mit dem strukturierten Programm noch etwas besser war als in der freien Gruppe - und zwar in einem Umfang von 25 Prozent, was das Abschneiden bei den Tests betrifft. Dies entspricht einer zusätzlichen Verlangsamung der Altersuhr im Gehirn um ein bis zwei Jahre. "Dies könnte die Widerstandsfähigkeit gegen einen geistigen Abbau erhöhen", wird die Gerontologin Laura Baker, eine der Studienautorinnen, in der New York Times zitiert. 

Wer zu Beginn der Studie die niedrigsten Werte bei diversen Tests zur Messung der geistigen Leistungsfähigkeit hatte, profitierte in beiden Gruppen von den Lebensstiländerungen am meisten. Bei beiden Gruppen betraf die größte kognitive Verbesserung die exekutiven Funktionen – also Fähigkeiten wie Planung und Selbstorganisation des Alltags.

Fazit: "Die Studie bestätigt, dass ein Bewusstsein für körperliche Aktivität, für die Risikofaktoren der Gefäße und für die Ernährung wirklich ist, um das Gehirn gesund zu halten", sagt die Spezialistin für kognitives Altern, Kristine Yaffe, von der Universität von Kalifornien, in der New York Times. 

Kommentare