Gen-Therapie um 1,2 Millionen Euro

Glybera ist nicht nur das erste zugelassene Gentherapie-Präparat in der EU: Es ist auch das teuerste Medikament.

 

Es ist die erste außerhalb von Studien genehmigte Gentherapie der westlichen Welt: Mit dem von der EU-Kommission zugelassenen neuen Medikament Glybera wird ein defektes durch ein funktionsfähiges Gen ersetzt.

Ein bis zwei Menschen pro einer Million erkranken an der seltenen Fettstoffwechsel-Krankheit LPLD. „Aufgrund der Mutation eines Gens ist die Aktivität eines fettabbauenden Enzyms viel zu gering. Deshalb können sie das Fett, das sie über den Darm aufnehmen, nicht aufspalten“, sagt Univ.-Prof. Thomas Stulnig, Leiter der Ambulanz für Fettstoffwechselstörungen und angeborene Stoffwechselstörungen, MedUni Wien / AKH Wien. Die Patienten müssen eine streng fettarme Diät einhalten. Andernfalls können zu hohe Blutfettwerte (Triglyzeride) zu lebensbedrohlichen Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führen.
Mit Glybera wird ein funktionstüchtiges Gen in den Kern von Muskelzellen eingeschleust – damit beginnt die Produktion des fettabbauenden Enzyms.

Teuerstes Präparat

Pro Patient wird die Therapie 1,2 Millionen Euro kosten – damit wird Glybera auch das bisher teuerste Medikament sein. Produziert wird es von der kleinen holländischen Biotech-Firma UniQure. Den hohen Preis rechtfertigt UniQure-Chef Jörg Aldag damit, dass das Medikament eine natürliche Körperfunktion dauerhaft wiederherstelle, anstatt nur eine kurzfristige Lösung zu bieten. Allerdings ist bislang unklar, wie lange die Wirkung tatsächlich anhält.

„Diese Zulassung ist schon etwas Revolutionäres“, sagt der Genetiker Univ.-Prof. Markus Hengstschläger von der MedUni Wien. „Die Genetik hat in der Diagnostik von Krankheiten Unglaubliches erreicht, in der Therapie waren die Wege wesentlich steiniger. Jetzt ist es das erste Mal, dass eine zugelassene Therapie angeboten werden kann.“ Dies bedeute einen wichtigen Anstoß für die Forschung: „Wir wissen jetzt, dass das Prinzip funktioniert.“
Auch Stulnig spricht von einem großen Fortschritt: „Bisher konnten wir diesen Patienten nicht viel mehr als eine Diät anbieten.“ Bei einer bereits aufgetretenen Bauchspeicheldrüsenentzündung kann mit einer Blutwäsche die Fettkonzentration im Blut reduziert werden.


Laut UniQure wird Glybera ab Sommer 2013 erhältlich sein. „Es gibt auch in Österreich einige Patienten, die davon profitieren könnten“, sagt Stulnig.
In den vergangenen 20 Jahren wurden weltweit zwar mehr als 1500 klinische Studien mit Gentherapien genehmigt, zugelassene Präparate gab es bisher aber in den USA und in Eurpa keine. Die Firma GeneTech erhielt 2003 die Zulassung in China für eine Therapie gegen Kopf- und Halskrebs. Hengstschläger: „Es sind in Zukunft sicher noch weitere Zulassungen zu erwarten.“

www.uniqure.com

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