Extremwetter – und kein Ende in Sicht?

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?
Die vergangenen Monate machten deutlich sichtbar, dass sich das Klima verändert. Was die Forschung voraussagen kann.

Die Bilder gingen vor wenigen Wochen um die Welt: Grüne Wiesen in den Alpen und das mitten im Winter. Von Eis umschlossene Häuser und Schneemassen in den USA und Kanada. Überschemmungen, Dürren. Und dann kam auch noch die Meldung, dass El Niño demnächst im äquatorialen Pazifik wieder für Wirbel sorgen wird.

Unterscheidung

Wetter ist ein kurzfristiges Ereignis. Klima wird über längere Zeiträume beobachtet. Bildlich  beschrieben: Wetter ist, was man anzieht; Klima, was man im Kleiderschrank zur Verfügung hat

Messperioden
2021 begann für die Klimaforscher eine neue 30-jährige Messperiode. 1991 bis 2020 wurde es in Österreich im Vergleich zur vorigen „Klimanormalperiode“ (1961–1990) um 1,3 Grad Celsius wärmer 

Das in Zyklen auftretende natürliche Wetterphänomen bedeutet eine gefährliche Periode für Menschen in Indonesien und Südamerika. Und genau deshalb sorgt El Niño für ein willkommenes Argument der noch immer existierenden Skeptiker, die den Klimawandel gerne als normales und nicht von Menschen gemachtes Bedrohungsszenario betrachten.

Marc Olefs, Leiter der Abteilung Klima-Folgen-Forschung von Geosphere Austria (ehemals ZAMG) klärt auf: „Die Klimaerwärmung verstärkt die Wetterextreme. Wenn sie von einer natürlichen Klimaschwankung mit gleichem Vorzeichen überlappt wird, wirkt dies weiter verschärfend.“ Klar beobachtbar, statistisch aufgezeichnet, und jetzt auch in einer wissenschaftlich fundierten Initiative belegbar. Marc Olefs verweist auf World Weather Attribution, Modelle, die den Nachweis erbringen, dass die Erderwärmung erheblichen Einfluss auf Katastrophen bringende Wetterlagen hat.

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

USA, Kanada: Minus 40 Grad und extrem viel Schnee

Der US-Wetterdienst NWS sprach   von einem „historischen“  Ereignis: Ende Dezember 2022 brachte der Sturm Elliot extreme Kälte und Schneemassen in  den USA und in Kanada.  In den USA sind mindestens 50 Menschen gestorben.  Auch Kaltlufteinbrüche können eine Folge des Klimawandels sein

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

Winterhitze und zu wenig Schnee in den Alpen

Weiße Schneebänder auf grünen Wiesen im Alpenraum, Temperaturrekorde in vielen Ländern rund um den Jahreswechsel: „Die gleiche Wetterlage vor 60 Jahren hätte keine  so extreme Schneearmut produziert, weil es  zwei Grad kälter war“, sagt  Klimaforscher Marc Olefs

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

Tote durch Überflutungen rund um den Tschadsee

2022 war die Regenmenge in einem großen Gebiet um den Tschadsee in Westafrika extrem. Die Folgen: Hunderte Tote und Verwüstungen. Der Klimawandel spielte eine große Rolle. Klimaforscher  der WWA-Initiative errechneten, dass er eine Überschwemmung 80-mal wahrscheinlicher macht.

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

USA: Wasserflut beendet die kalifornische Dürreperiode

Überschwemmungen, Erdrutsche, Schlammlawinen nach jahrelanger Dürre. Eine Ursache könnte der veränderte Jetstream sein. Die Schäden werden auf eine Milliarde  Dollar  geschätzt.  Die Wahrscheinlichkeit für extreme Dürre oder  Regen haben sich in den letzten 100 Jahren verdoppelt.

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

46 Grad – Argentinien erreichte den Hitzerekord

Rivadavia-Station in Argentinien, nahe der Grenze  zu  Bolivien und  Paraguay, hat am 7. Dezember die Rekordtemperatur von 46 °C  gemessen. Die Wahrscheinlichkeit für  eine derartige Hitzewelle  im vom Menschen  verursachten Klimawandel   wurde laut Berechnungen  60-mal höher.

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

Jahrelange Dürre führt in Kenia zu Hungersnot

Das  Land leidet unter der Erderwärmung. Es wird von einer der schlimmsten Dürren seit 40 Jahren geplagt.  Im  Norden Kenias leben die meisten Menschen von Viehzucht. Sie haben mancherorts 60 Prozent ihrer Nutztiere verloren. Drei Millionen Menschen sind von  einer Hungersnot bedroht.

Extremwetter – und  kein Ende in Sicht?

Australien: Ausläufer von „Ellie“ setzten Kimberley unter Wasser

Der Kontinent leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels.  Die  Ausläufer des Zyklons Ellie machten Anfang Jänner die Region Kimberly zum Katastrophengebiet. Am schlimmsten traf es die Gemeinde Fitzroy Crossing, die zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten war.  

Der Klimawandel führt nicht nur zu höheren Durchschnittstemperaturen, sondern verändert auch die Zirkulationsmuster der Luftströme in der Atmosphäre, die das Wetter beeinflussen. Motor der Zirkulation ist der Temperaturunterschied zwischen der kalten Polarluft und der warmen Luft in der Äquatorregion. Weil sich die Polarregionen stärker erwärmt haben, ist der Temperaturunterschied geringer und der Motor dadurch schwächer. Dies beeinflusst die typischen planetaren Wellen. Die Wellen bewegen sich weniger. Deshalb kommt es zu teils wochenlang anhaltenden Wetterlagen – wie die Hitze in Europa 2022.

Kommt ein Hitzesommer?

Wie das Wetter diesen Sommer wird, kann Olefs nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es bald wieder einen heißen Sommer gibt, wird allerdings größer. „Bereits jetzt ist Hitze die tödlichste Naturgefahr in Österreich“, sagt Olefs. Wissenschaftler rechnen mit einem mediterranen Klima bis Ende des Jahrhunderts. Die Durchschnittstemperatur in Österreich ist seit Beginn des Industriezeitalters um 2 Grad gestiegen und damit um 1,0 Grad höher als der globale Anstieg, da sich die Luft über der Landmasse schneller erwärmt als über Ozeanen.

Der Klimawandel ist nicht umkehrbar. Je wärmer es auf der Erde wird, umso mehr Extreme werden erwartet. Es lohne sich, für jedes Zehntelgrad weniger zu kämpfen, sagt Klimaforscherin Friederike Otto in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel. Es sei entscheidend, die CO2-Emissionen auf Null zu bringen. Und: „Wir haben unglaublich viele Möglichkeiten, das Schlimme zu verhindern.“ Auch mit Anpassungen, die Folgen von Dürre oder Fluten zu mildern. Auch Olefs meint, die umweltschonenden Technologien seien dafür vorhanden. „Aber noch fehlt der politische Wille.“

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