Endometriose: Schmerzen werden oft heruntergespielt
Extreme Menstruationsbeschwerden kennen Theresa B. und Christina B., beide 29, seit vielen Jahren. "Wenn ich pro Monat eine Woche lang schmerzfrei war, war ich schon froh", schildert Theresa. Christina ergänzt: "Ich lag einmal pro Monat mehrere Tage lang flach." Die beiden sind nicht wehleidig – sie leiden an Endometriose.
Noch immer zu wenig Bewusstsein
Diese gutartige, meist schmerzhafte chronische Erkrankung im fortpflanzungsfähigen Alter ist noch immer relativ unbekannt. Betroffene, aber auch Ärzte, denken noch immer an diese mögliche Ursache der Beschwerden. "Im Schnitt dauert es sechs bis acht Jahre bis zur Diagnose. Wir sehen aber auch Patientinnen, die mehr als zehn Jahre Beschwerden haben", sagt Prim. Leopold Wanderer. Er leitet am Krankenhaus Melk das erste Endometriose-Zentrum Niederösterreichs. Die Krankheit in einem Zentrum zu behandeln, ist sinnvoll. Endometriose kann die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.
Erfahrung
"Es geht viel um Erfahrung. Wenn man sich länger mit der Erkrankung beschäftigt, weiß man, was man genauer hinterfragen muss." Viele Frauen hören etwa von Mutter und Großmutter: "Das hatte ich auch – da musst du durch." Muss man eben nicht, betont Wanderer. "Diese Erfahrungen sind typisch für Endometriose-Patientinnen. Dazu kommt: Die Schmerzwahrnehmung ist individuell und oft treten nicht die klassischen gynäkologischen Symptome auf." (siehe Grafik)
Die klassischen Symptome bei Endometriose
Die Bedeutung des Ultraschalls als Diagnoseinstrument für Endometriose war auch beim Weltkongress für Ultraschall in der Geburtshilfe und Gynäkologie (ISUOG), der kürzlich in Wien stattfand, ein wichtiges Thema. Konnte früher eine Diagnose erst nach einem umfassenden operativen Eingriff gestellt werden, wird heute eine umfassende Ultraschall-Untersuchung(etwa der Niere) bereits für Diagnose und Verlaufskontrolle der Krankheit eingesetzt, betonten die Experten.
Operation ist häufig notwendig
Christina B.’s Gynäkologe äußerte im Mai den Verdacht auf Endometriose und überwies sie nach Melk. Bereits im August wurde sie operiert – unter anderem befanden sich auf ihrer Darmoberfläche Zellen der Gebärmutterschleimhaut. Die Operation gab ihr enorm viel Lebensqualität zurück: "Die erste Menstruation danach ging spurlos an mir vorbei – so kannte ich das gar nicht."
Endlich schwanger!
Seit dem Start des EU-Projekts im November 2016 wurden bereits 80 Patientinnen erfolgreich behandelt. Vier Schwangerschaften kamen in dieser Zeit auf natürlichem Wege zustande.
Auch Theresa B. wurde nach der Operation in Melk schwanger, allerdings mit künstlicher Befruchtung. Der Grund: Ihre Eileiter waren durch die Endometriose-Wucherungen so geschädigt, dass sie entfernt werden mussten. "Natürlich ist man im ersten Moment geschockt, dass so ein Schritt notwendig ist. Aber es ist ganz wichtig, dass man jemandem vertrauen kann." Sie bereut ihre Entscheidung nicht und freut sich auf den nächsten Termin in Melk. Diesmal steht das Organscreening des Babys am Terminplan.
Das Endometriose-Zentrum in Melk ist ein EU-Projekt von NÖ Gesundheitsfonds NÖGUS und Tschechien . Es wird zu 85 Prozent von der EU kofinanziert und läuft bis 2019. Ludwig Schleritzko, NÖGUS-Vorsitzender: „EU-Projekte sind eine Chance, die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen über die Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.“
Die Melker Ärzte arbeiten eng mit ihren Kollegen im Klinikum Znaim zusammen, das als Kooperationspartner des EU-Projekts fungiert. Dort gibt es bereits seit ca. zehn Jahren einen Endometriose-Schwerpunkt, pro Jahr werden etwa 100 Patienten operiert. Von dieser Erfahrung, etwa bei schwierigen Operationen, profitieren auch die Patientinnen in Melk.
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