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Durchbruch? Frau mit Brustkrebs im Endstadium gilt als geheilt
US-Forscher berichten von einer Revolution in der Krebs-Behandlung - eine Frau wurde mit der Immuntherapie geheilt.
Judy Perkins hatte nur noch drei Monate zu leben â ihr Brustkrebs hatte bereits in ihren gesamten Körper gestreut, mehrere Chemotherapien waren erfolglos. âIch hatte den Kampf aufgegebenâ, erzĂ€hlt die US-Amerikanerin heute. Doch mithilfe einer neuartigen, radikalen Immuntherapie ist die 51-JĂ€hrige zwei Jahre spĂ€ter noch immer am Leben â und frei von jeglichen Krebszellen.
DafĂŒr wurden 80 Milliarden krebszerstörende Immunzellen in ihren Körper gepumpt. Zuvor haben die Ărzte Zellproben ihrer Tumore entfernt und die spezifischen DNA-Mutationen analysiert. Dann wurden aus den Proben körpereigene Immunzellen identifiziert, die versucht haben, den Krebs zu bekĂ€mpfen, aber zu schwach oder einfach zu wenige waren.
Im Labor wurden dann Milliarden dieser Immunzellen nachgezĂŒchtet und wieder in den Körper von Perkins injiziert â gemeinsam mit Pembrolizumab, einem Standardmedikament, das dem Immunsystem beim Kampf gegen Krebs hilft.
42 Wochen nach der Behandlung konnten bereits keine Krebszellen mehr im Körper von Perkins festgestellt werden, berichten die Ărzte im Fachjournal Nature Medicine. âEs fĂŒhlt sich an wie ein Wunder. Ich hatte meinen Job gekĂŒndigt und habe mich darauf vorbereitet zu sterbenâ, erzĂ€hlt sie im Guardian. âJetzt bin ich wieder ins normale Leben zurĂŒckgekehrt.â
Richtungsweisend?
Als möglicherweise richtungsweisend bezeichnet auch der österreichische Brustkrebs-Experte Univ.-Prof. Christian Singer von der MedUni Wien den Behandlungserfolg bei Perkins: "Mit dieser Therapie wurden jene Lymphozyten isoliert und potenziert, die gegen diese Tumoreigenschaft effektiv waren. Mit dem Medikament wurde zusÀtzlich die Bremse des Immunsystems entfesselt", erklÀrt Singer, den der KURIER bei einem Brustkrebs-Kongress in den USA erreichte. "Mit dieser Therapie war das Immunsystem fÀhig, sich zu verteidigen und die Frau ist jetzt pumperlgsund."

Singer warnt allerdings auch vor voreiliger Euphorie: âDas ist natĂŒrlich ein spannendes Konzept, aber bisher gibt es nur diese eine Patientin, wo das funktioniert hat. Es ist noch viel zu frĂŒh, um das allen Frauen zu empfehlen.â Auch der fĂŒhrende Onkologe Univ.-Prof. Christoph Zielinski vom Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien betont: âEine Schwalbe macht noch keinen Sommer.â In einem ersten Schritt muss diese Therapie nun in Studien mit mehr Teilnehmerinnen nĂ€her erforscht werden.
Die Immuntherapie wird aber auch jetzt schon angewandt: âDerzeit sind in Ăsterreich fĂŒnf Antikörper zugelassen, die die Abwehr der T-Zellen verstĂ€rken und beim schwarzen Hautkrebs, bei Lungenkrebs oder auch bei Blasenkrebs (insgesamt 10 Indikationen) eingesetzt werden. Die Immuntherapie ist also bereits in breiter Anwendungâ, betont Zielinski.
Im Rahmen von Studien können auch Brustkrebs-Patientinnen in Ăsterreich von neuen Möglichkeiten der Immuntherapie profitieren, erklĂ€rt Singer. Immunzellen werden hierzulande aber nicht wie bei Perkins Fall multipliziert und wieder in den Körper injiziert.
Der Brustkrebs-Experte macht auĂerdem auf einen Schönheitsfehler aufmerksam: âBisherige Erfahrungen mit der Immuntherapie haben gezeigt: Sie funktioniert bei einigen wenigen Patienten sehr gut, aber bei vielen gar nicht. Bei denen, wo es funktioniert, ist es toll. Wir wissen aber noch nicht, warum die Immuntherapie bei anderen nicht wirkt.â
Moderne Therapien
Etwa eine von acht Frauen ist im Laufe ihres Lebens mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert. Moderne Therapien werden immer zielgerichteter, erklĂ€rt Singer. âDie Chemotherapie verliert mehr und mehr an Boden.â Mithilfe von genetischen Tests können heute jene Frauen identifiziert werden, denen man keine Chemotherapie mehr geben muss. âWir sind heute in der Lage, viel personalisiertere Therapien zu machen, ohne mit Kanonen auf Spatzen schieĂen zu mĂŒssen.â
Das gilt nicht nur fĂŒr Brustkrebs, sondern generell in der Krebsforschung, wie Zielinski betont: âWeltweit laufen derzeit 830 klinische Studien â hĂ€ufig schon in fortgeschrittenen Phasen. Etwa 6000 Medikamente sind in der Entwicklung.â Singer dazu: âDie Waffen im Kampf gegen Krebs werden also immer prĂ€ziser.â
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