Die heilende Kraft von Beziehung
Pater Franz Helm weiß, was es heißt, als Patient in einer lebensbedrohlichen Situation zu sein: "Vor zehn Jahren hatte ich eine Lebertransplantation im Wiener AKH – und ich war und bin sehr dankbar für die Spitzenmedizin in Österreich." Sechs Jahre lebte der Steyler Missionar in Brasilien in entlegenen Pfarren bei den Ärmsten der Armen: "Wäre ich dort so schwer krank geworden, würde ich heute wahrscheinlich nicht mehr leben."
"Medizinische Spitzenleistungen gehören zum Standard. Aber Therapie ist nicht nur das Versorgen des Menschen mit möglichst hoher medizinischer Kompetenz", betont Schwester Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs. "Zum Gesundsein und Gesundwerden gehört mehr. Es geht um das Sorgen für den ganzen Menschen."
Spirituelle Dimension
Dazu gehöre auch das Thema Spiritualität – unabhängig davon, welcher Religion man angehört: "Die spirituellen Dimension kann den Heilungsprozess unterstützen – darauf wollen wir den Blick lenken." Deshalb wird ab 2017 allen Patienten ein "spiritueller Ratgeber" – Titel: "Quellen der Kraft" – zur Verfügung gestellt. "Das ganze Gesundheitssystem hat Krankheitssymptome und braucht eine Sanierung im tiefen Sinn des Wortes", betont Mayrhofer. "Es kann nicht sein, dass Krankenanstalten gewinnoptimierend geführt werden und davon profitieren, dass Menschen krank sind.Wenn Gesundheit zum Geschäft wird, gerät die Menschenwürde in Gefahr. Und Tendenzen in diese Richtung gibt es." Gesundheit dürfe kein Wert werden, den man sich leisten könne oder nicht und an dem andere unverhältnismäßig gewinnen.
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Helm und Mayrhofer betonen, dass in mehreren Ordensspitälern Menschen behandelt werden, die keine Krankenversicherung und keine finanziellen Mittel haben. Helm: "Ich habe in Brasilien erlebt, wie es ist, wenn Menschen, die nichts haben, in langen Schlangen auf einen Arzt warten – und in dieser Zeit sterben."
Mayrhofer betont, dass sich die Ordensspitäler nicht gegen das öffentliche Gesundheitssystem positionieren wollen: "Aber Spiritualität ist ein Markenkern der Ordensspitäler", so Helm. "Es gibt ein Bedürfnis der Menschen nach Sinn, nach Tiefe und nach Werten."
Kostendruck als Problem
Auch bei den 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll das Bewusstsein für die Themen "Beziehung, Zeitmanagement und Zeit haben" gestärkt werden. Helm: "Natürlich stehen die Ordensspitäler wie jedes Krankenhaus unter einem Kostendruck. Aber wir versuchen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern bewusst zu machen, dass Zeit haben auch eine Frage der finanziellen Rahmenbedingungen ist."
"Ordensspitäler wollen nicht verstecken, dass sie christliche Häuser sind", betont Helm. Sie seien aber für alle Religionen offen. So gebe es etwa spezielle Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was zum Beispiel bei einem Todesfall von Angehörigen verschiedener Religionen und Kulturen unbedingt zu respektieren ist, betont Mayrhofer: "Hier gehen wir besonders behutsam vor."
Nähere Informationen: www.ordensgemeinschaften.at
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